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Als Frage und Antwort: Neue Vermieterpflichten nach dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG)
Endlich reicht es, zu sagen: „Ich mache nicht mit!“
17.05.2017 (GE 08/2017, S. 462) Mit ihrer sog. ADR-Richtlinie will die EU auf eine alternative Streitbeilegung (AS) zwischen Verbrauchern und Unternehmen hinwirken, um ein hohes Verbraucherschutzniveau zu erreichen, ohne gleichzeitig den Zugang der Verbraucher zu den Gerichten zu beschränken. Damit wird die Hoffnung auf eine unabhängige, unparteiische, transparente, effektive, schnelle und faire außergerichtliche Beilegung von Streitigkeiten verbunden. Ohne Not einbezogen sind auch Mietverhältnisse. Was Vermieter dazu wissen müssen, erläutern wir nachstehend in Frage-Antwort-Form.
Was ist das VSBG?
Das Verbraucherstreitbeilegungsgesetz dient der nationalen Umsetzung der Europäischen Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (ADR-Richtlinie). Diese hat zwar Streitigkeiten, die sich aus dem inländischen und grenzüberschreitenden Verkauf von Waren oder der Bereitstellung von Dienstleistungen ergeben, mithin Kauf- und Dienstleistungsverträge im Blick; doch wie schon bei der Regelung des Widerrufsrechts im BGB (§ 312 Abs. 4) hat der deutsche Gesetzgeber auch Mietverträge einbezogen. Streitigkeiten über die Gültigkeit von Beschlüssen in Wohnungseigentümergemeinschaften gehören jedoch nicht dazu, da es sich hierbei nicht um Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern handelt.

Welche Pflichten hat der Vermieter?
Wesentlich ist die Informationspflicht nach § 36 VSBG, die seit dem 1. Februar 2017 gilt. Der Unternehmer, der eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet, hat auf der Webseite oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (Mietvertrag) den Verbraucher in Kenntnis zu setzen, inwieweit er bereit oder verpflichtet ist, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.

Gilt das für jeden Vermieter?
Es muss sich um einen Verbrauchervertrag handeln, d. h. der Mieter muss Verbraucher im Sinne des § 13 BGB sein. In Frage kommen daher nur Wohnraummietverträge, die mit dem Vermieter als Unternehmer abgeschlossen worden sind. 
Wann ein Vermieter als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB anzusehen ist, der mit der Vermietung nicht nur Vermögensverwaltung betreibt, ist nach wie vor umstritten. Die Anzahl der vermieteten und verwalteten Wohnungen ist kein alleiniges Kriterium; jedenfalls spricht die Vermietung zahlreicher Wohnungen an wechselnde Mieter für eine professionelle Tätigkeit (Schmidt-Futterer/Blank, Vorbemerkung 68 zu § 535 BGB). Entscheidend ist immer die Person des Vertretenen, so dass ein Verbrauchervertrag nicht deshalb ausscheidet, weil der Vertrag für den Eigentümer durch eine kaufmännische Hausverwaltung abgeschlossen wurde (BGH, GE 2015, 660).

Gibt es weitere Voraussetzungen?
Die Informationspflicht betrifft nur Unternehmer, die am 31. Dezember des vorangegangenen Jahres mehr als zehn Personen beschäftigt hatten. Maßgeblich ist die tatsächliche Kopfzahl der beschäftigten Personen, so dass auch Teilzeitbeschäftigte voll mitgerechnet werden (Borowski/Rötemeyer/Steike Rn. 16 zu § 36 VSBG).

Besteht eine Verpflichtung zur Teilnahme am Streitbeilegungsverfahren?
Nein; das Verfahren ist freiwillig.

Welche Folgen hat die Nichterfüllung 
der Informationspflicht nach § 36?
Der Regierungsentwurf hält bei einer Pflichtverletzung einen Schadensersatzanspruch des Mieters für möglich (Borowski/Rötemeyer/Steike Rn. 17 zu § 36 VSBG); das mag in Ausnahmefällen in Betracht kommen, wenn wegen der Verletzung der Informationspflicht Ansprüche des Mieters nicht rechtzeitig durchgesetzt werden können. Für die Praxis bedeutsamer sind Unterlassungsansprüche von Verbraucherschutzverbänden (nach §§ 1, 2 UKlag) oder Abmahnungen von Mitbewerbern.

Gibt es weitere Pflichten?
Nach § 37 hat der Unternehmer dem Verbraucher nach Entstehen einer Streitigkeit u. a. mitzuteilen, ob er zur Teilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren bereit oder verpflichtet ist. Diese Verpflichtung gilt über die Grenzen des § 36 hinaus, so dass es unerheblich ist, ob der Unternehmer eine Webseite unterhält oder Allgemeine Geschäftsbedingungen verwendet. Auch eine Kleinbetriebsklausel (mehr als zehn Beschäftigte) ist nicht vorgesehen ( Borowski/Rötemeyer/Steike Rn. 1 zu § 37 VSBG). Für die Folgen einer Pflichtverletzung gilt das zu § 36 Ausgeführte entsprechend (Borowski/Rötemeyer/Steike Rn. 9 zu § 37 VSBG); auch hier können Verbraucherschutzverbände Unterlassung und Beseitigung verlangen (§ 2 Abs. 2 Nr. 12 UKlag).

Was heißt das für einen gewerblichen Vermieter (Unternehmer) zur Zeit?
Da es Verbraucherschlichtungsstellen für Mietrecht noch nicht gibt, müssen lediglich Mietvertragsformulare geändert werden, um den Hinweis nach § 36 („Ich bin weder bereit noch verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen“) zu geben. 
Ob tatsächlich bei einem Streit z. B. über eine kleinere Betriebskostennachzahlung die Rechtsprechung eine Verletzung der Mitteilungspflicht nach § 37 sanktionieren würde, ist jedenfalls jetzt kaum vorstellbar.
Autor: RiAG a. D. Rudolf Beuermann


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