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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Keine Notwendigkeit von weiteren Abmahnungen
WEG-Entziehungsverfahren
09.05.2018 (GE 08/2018, S. 488) Setzt ein Wohnungseigentümer, gegen den ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, die in der Klage beanstandeten gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen fort, ist hinsichtlich des fortgesetzten Verhaltens eine Abmahnung grundsätzlich entbehrlich.
Der Fall: Am 14. Oktober 2015 fassten die Wohnungseigentümer den Beschluss, gegen die beiden Beklagten wegen etlicher Übergriffe auf Eigentümer und Hausverwaltung Klage auf Veräußerung ihres Wohnungseigentums zu erheben.
Die anschließend erhobene Klage stützte die Wohnungseigentümergemeinschaft auf schwerwiegende Pflichtverletzungen der Beklagten und einen Zahlungsrückstand aus der Jahresabrechnung 2014 und dem Wirtschaftsplan 2015. Wegen des Zahlungsrückstandes hat das AG die Beklagten verurteilt, ihr Wohnungseigentum zu veräußern. Auf deren Berufung hat das LG die Klage abgewiesen, weil es an den notwendigen Abmahnungen fehle. Mit der Zulassungsbeschwerde will die klagende WEG die Zulassung der Revision erreichen.

Die Entscheidung: Mit Erfolg! Der BGH hebt das abweisende Urteil des LG auf und verweist den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde rügt zu Recht, dass das LG den Vortrag in der Berufungserwiderung nicht berücksichtigt habe, dass sich nach der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom August 2016 im Oktober und Dezember 2016 sowie im Januar 2017 weitere Vorfälle ereignet haben. Der Beklagte zu 1 habe den Hausmeister unter Androhung von Gewalt gezwungen, den Hof zu verlassen, ferner einen Müllsack vor den Füßen des Hausmeisters ausgeschüttet und ihn aufgefordert, den Müll wegzuräumen, sonst werde er ihn fertigmachen und „die Eier abschneiden“. Diesen Vortrag hat das LG bei seiner Entscheidung verfahrensfehlerhaft nicht berücksichtigt. Hinsichtlich der Fortsetzung des gemeinschaftswidrigen Verhaltens waren weitere Abmahnungen nicht erforderlich.

Anmerkung: Grundsätzlich setzt eine Entziehung des Wohnungseigentums nach § 18 Abs. 1 WEG eine Abmahnung voraus. Der Gesetzgeber hat die Entziehungsklage als letztes Mittel zur Wiederherstellung des Gemeinschaftsfriedens gegenüber einem Störenfried eingeführt. Dessen Böswilligkeit lässt sich nur feststellen, wenn der Wohnungseigentümer zunächst zur Einhaltung seiner Pflichten angehalten wird, also eine Abmahnung erfolgt. Die Entziehung von Wohnungseigentum darf nur als letztes Mittel gegen einen gemeinschaftsschädigenden Wohnungseigentümer eingesetzt werden. Auf die Abmahnung kann nur ausnahmsweise verzichtet werden, etwa dann, wenn diese der Gemeinschaft unzumutbar ist oder offenkundig keine Aussicht auf Erfolg bietet. Setzt allerdings ein Wohnungseigentümer, gegen den bereits ein gerichtliches Verfahren auf Entziehung des Wohnungseigentums anhängig ist, die gemeinschaftswidrigen Verhaltensweisen in gleichartiger oder ähnlicher Weise fort, ist hinsichtlich des in den anhängigen Rechtsstreit eingeführten fortgesetzten Verhaltens eine Abmahnung grundsätzlich nicht erforderlich. Denn im Hinblick auf die erhobene Klage ist dem beklagten Wohnungseigentümer klar, dass die Gemeinschaft das beanstandete Verhalten nicht länger hinnehmen will. Sieht er sich trotz des anhängigen Entziehungsverfahrens nicht veranlasst, das gemeinschaftswidrige Verhalten zu ändern, sondern setzt es unbeeindruckt fort, bringt er damit zum Ausdruck, dass er nicht gewillt ist, sein Verhalten zu ändern.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 525 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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