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Recht  →  Wohnungseigentumsrecht


Französisches Fenster
Bauliche Veränderungen
11.01.2017 (GE 23/2016, S. 1488) Ein gerichtliches Urteil zum Anspruch auf Zustimmung stellt unter Abwägung der gegenseitigen Interessen eine Einzelfallentscheidung dar.
Der Fall: In einer Zweiergemeinschaft erstreben die Kläger an der Südseite des Gebäudes im EG die Herstellung einer Fensteranlage aus Holz als französisches Fenster mit Ziergitter. Ein solcher Antrag wurde in der Eigentümerversammlung von der Beklagten abgelehnt. Unter Anfechtung dieses Negativbeschlusses soll die Beklagte verpflichtet werden, dem Einbau des französischen Fensters zuzustimmen. Damit hatten die Kläger vor dem AG gewonnen. Hiergegen die Berufung.

Das Urteil: Ohne Erfolg! Der Negativbeschluss entspricht nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, weil die Kläger darauf einen Anspruch haben. Der Fenstereinbau begründet keinen übermäßigen Nachteil zu Lasten der Beklagten, der von ihr im Interesse eines gedeihlichen Zusammenlebens nicht hinzunehmen wäre. Das geplante neue Fenster fügt sich in die Ansicht der Südfassade ein, da sowohl darüber als auch darunter Maueröffnungen gelegen sind. Ein Zugang zum gemeinschaftlichen Garten ist damit nicht eröffnet. An dem Gebäude ist Wohnungseigentum mit zwei selbständigen Einheiten begründet worden, deren Eigentümer ihre Einheiten im Rahmen der maßgeblichen Vorschriften aus ihrer Sicht optimal nutzen wollen. Es muss nicht geklärt werden, ob der Einbau nach öffentlichem Baurecht zulässig ist. Die Beklagte kann die Frage mit den dafür zuständigen Behörden klären. 

Anmerkung: Die Zulässigkeit der von einem Wohnungseigentümer beanspruchten baulichen Veränderung ist nach Abwägung der gegenseitigen Interessen eine Einzelfallentscheidung. Widersprechende Entscheidungen einzelner Gerichte oder Kammern sind demgemäß nicht ausgeschlossen. Allerdings hat der BGH (GE 2013, 273) einmal verkündet: Ist eine erhebliche optische Veränderung der Wohnungseigentumsanlage weder als modernisierende Instandsetzung noch als Modernisierungsmaßnahme einzuordnen, bedarf sie als nachteilige bauliche Maßnahme der Zustimmung aller Wohnungseigentümer.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1515 und in unserer Datenbank
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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