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Computersimulation als zugesicherte Eigenschaft?
Zeitpunkt für die Kaufentscheidung
30.11.2021 (GE 21/2021, S. 1292) Der Grundstücksverkäufer haftet für seine unzutreffende öffentliche Äußerung über Sacheigenschaften des Grundstücks dann nicht, wenn seine Äußerungen die Kaufentscheidung nachweislich nicht beeinflussen konnte. Für die „Kaufentscheidung“ ist die notarielle Beurkundung maßgeblich, auch wenn bereits vorher Kaufbereitschaft vorhanden war. Äußerungen des Verkäufers können die Kaufentscheidung bis zur Beurkundung beeinflussen.
Der Fall: Die Grundstücksverkäuferin wurde aus abgetretenem Recht der Käuferin auf Schadensersatz verklagt. Verkauft wurden unter Ausschluss der Sachmängelhaftung zwei marode Mehrfamilienhäuser. Nach Besichtigung erklärte die Interessentin dem Makler per eMail ihre Kaufbereitschaft. Er übersandte ihr ein Prospekt mit „Visualisierung“ einer ursprünglich von der Verkäuferin geplanten Umbaumaßnahme; die dafür befristet auf drei Jahre erteilte Baugenehmigung war inzwischen abgelaufen. LG und OLG wiesen die Klage ab. Die Visualisierung im Exposé begründe keinen Sachmangel, weil sie den Kaufentschluss nicht habe beeinflussen können. Die Käuferin sei, als sie das Exposé erhalten habe, bereits zum Kauf entschlossen gewesen.

Das Urteil: Der BGH hob das Urteil auf und verwies zur weiteren Sachaufklärung zurück. Die Visualisierung, bei der Bebauungsmöglichkeiten für ein Grundstück bildlich dargestellt werden, stelle eine öffentliche Äußerung der Verkäuferin dar. Die Käuferin durfte erwarten, dass eine Sanierung der Mehrfamilienhäuser möglich war, und die Visualisierung habe ihre Kaufentscheidung beeinflussen können. Maßgeblich hierfür sei nicht der Zeitpunkt, zu dem der Käufer sich zum Kauf entschlossen habe, sondern der Zeitpunkt der notariellen Beurkundung des Grundstückskaufvertrags. Der Käufer könne bis zur notariellen Beurkundung des Vertrags durch öffentliche Äußerungen des Verkäufers über Eigenschaften der Kaufsache bei seiner Entscheidung, den Kaufvertrag zu schließen oder nicht, beeinflusst werden. Das OLG wird nun prüfen müssen, ob Arglist auf Verkäuferseite vorlag, und ob baurechtlich eine Sanierung doch noch möglich ist.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1361 und in unserer Datenbank.


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