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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Als Mietvertrag bei Erbauseinandersetzung anzusehen
Überlassung gegen Gefälligkeitsmiete
22.10.2021 (GE 18/2021, S. 1100) Die Räumungsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde ist nach § 794 Abs. 1 Nummer 5 ZPO nur zulässig, wenn es sich nicht um ein Wohnraummietverhältnis handelt. Die Abgrenzung zur Leihe oder einem Nutzungsverhältnis eigener Art kann schwierig sein, weil auch ein Entgelt weit unter der Marktmiete Miete im Sinne des § 535 ZPO sein kann.
Der Fall: Der Miterbe hatte im Zuge einer notariellen Erbauseinandersetzung gegen Übertragung seines Erbteils die Einliegerwohnung für ein Nutzungsentgelt von monatlich 300 € erhalten. Für den Fall des Zahlungsverzugs hatte er sich hinsichtlich des Räumungsanspruchs der Gegenseite der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Nach Zahlungseinstellung lehnte der Gerichtsvollzieher den Vollstreckungsauftrag ab; die Beschwerde war erfolglos.

Der Beschluss: Das Landgericht Osnabrück meinte, es liege ein Mietverhältnis über Wohnraum vor, weswegen die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde unzulässig sei. Auch wenn das Nutzungsentgelt sehr gering vereinbart worden sei, schließe dies nicht ein Mietverhältnis aus, weil auch ein weit unter der Marktmiete liegendes Entgelt Miete sein könne. Zu berücksichtigen sei, dass im Vertrag der Erbanteil übertragen worden sei, was ebenfalls als Gegenleistung für die geringe Nutzungsentschädigung anzusehen sei. Ob nicht auch eine kostenlose Nutzungsüberlassung dann als wirtschaftlicher Gegenwert anzusehen sei mit der Folge, dass ein Mietvertrag anzunehmen sei, könne offenbleiben.

Anmerkung der Redaktion: Zu berücksichtigen sind alle Umstände des Einzelfalls. Bei einer nahezu unentgeltlichen Überlassung angeblich auf Lebenszeit hat der BGH ein Mietverhältnis verneint (GE 2017, 1335).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1123 und in unserer Datenbank.


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