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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Öffentlich-rechtlicher Nachbarschutz und die Bindung für Zivilgerichte
Offener baurechtswidriger Pferdestall
01.03.2021 (GE 3/2021, S. 156) Eine Baugenehmigung kann nicht erteilt werden, wenn das Bauvorhaben gegen das Gebot der Rücksichtnahme (auf Nachbarn) verstößt. Eine Klage des Nachbarn gegen den Störer vor den Zivilgerichten ist dann ohne Weiteres begründet, weil der Unterlassungsanspruch rechtskräftig feststeht.
Der Fall: Die Beklagte hatte 12 m neben dem Einfamilienhaus der Klägerin einen offenen Stall für Pferde errichtet; eine Klage auf Erteilung der Baugenehmigung wurde rechtskräftig abgewiesen. Die Klägerin klagte auf Unterlassung der Pferdehaltung; das Oberlandesgericht meinte, die Beklagte sei nur verpflichtet, die Richtwerte der TA Lärm einzuhalten; über den Grund für die Ablehnung der Baugenehmigung sei nicht rechtskräftig entschieden. Die Revision war erfolgreich.

Das Urteil: Der BGH verwies darauf, dass auch das öffentliche Baurecht ein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sei, so dass die Klägerin nach § 1004 BGB Unterlassung verlangen könne. Durch die Entscheidung des Verwaltungsgerichts über die Erteilung einer Baugenehmigung stehe mit Bindungswirkung für den vorliegenden Rechtsstreit fest, dass die Errichtung und die zweckmäßige Nutzung des offenen Stalls gegen das Gebot der Rücksichtnahme verstoße. Die Rechtskraft eines Urteils, durch das die Klage auf Erteilung einer Baugenehmigung abgewiesen wurde, erstrecke sich auch auf die Feststellung der materiellen Baurechtswidrigkeit.

Anmerkung: Dass bei einer Klageabweisung auch der tragende Grund dafür rechtskräftig feststeht, ist ständige Rechtsprechung (BGH, NJW 2008, 1227). Bei einem neuen Prozess muss es sich aber um denselben Streitgegenstand handeln, was z. B. nicht der Fall ist, wenn nach Klageabweisung eine neue Räumungsklage nach einer neuen Kündigung eingereicht wird (BVerfG, GE 2004, 175). Wird die Zahlungsklage eines Vermieters wegen Mängeln der Mietsache abgewiesen, ist dadurch in einem Folgeprozess nicht rechtskräftig über das Bestehen der Mängel entschieden, weil Streitgegenstand im Vorprozess nur der Anspruch auf Mietzahlung war (BGH, GE 2019, 790).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 180 und in unserer Datenbank.


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