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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Angestellte eines Mitmieters beleidigt
Fristlose Kündigung
15.07.2019 (GE 12/2019, S. 772) Beleidigungen und Beschimpfungen können die Mietvertragsparteien jeweils zur Kündigung berechtigen. Fristlos kündigen kann der Vermieter auch, wenn ein Mieter Angestellte eines andern Mieters beleidigt.
Der Fall: Eine Mitarbeiterin der Mieterin im EG forderte den beklagten Mieter zur Entfernung des Urins seiner Hundewelpen im Hausflur auf; der Beklagte, nach seiner Behauptung gerade im Begriff, den Urin zu beseitigen, bezeichnete sie daraufhin als „F…e“, was die Kläger zum Anlass für eine fristlose Kündigung nahmen – auch im Hinblick auf weitere, wegen Zahlungsverzugs erklärte fristlose und ordentliche Kündigungen des Mietverhältnisses – und Herausgabe der Wohnung verlangen.

Das Urteil: Das AG hielt die fristlose Kündigung für berechtigt und verurteilte zur Herausgabe. Die Beleidigung der Mitarbeiterin der Mieterin, die Teil der Hausgemeinschaft sei und „dem Schutzbereich des zu wahrenden Hausfriedens“ unterliege, wiege so schwer, dass das Vertrauensverhältnis erschüttert worden und eine Abmahnung vor Kündigung nicht erforderlich gewesen sei.

Anmerkung: Das AG hat auch noch die nachfolgenden, auf Zahlungsverzug gestützten weiteren Kündigungen für berechtigt gehalten, wobei es m. E. besser daran getan hätte, die Wirksamkeit der auf die Beleidigung gestützten Kündigung dahinstehen zu lassen. Sämtliche vom AG in den Entscheidungsgründen angegebenen Fundstellen (von denen übrigens zwei bei juris nicht auffindbar sind [LG Köln, LG Offenburg] oder Zahlendreher enthalten [AG München]) befassen sich mit Vorkommnissen im Verhältnis zwischen den Mietparteien, nicht aber zwischen den Mitmietern, und schon gar nicht mit dem Verhältnis zwischen Mieter und Mitarbeiter eines weiteren Mieters. Zweifellos handelte es sich um eine schwerwiegende Beleidigung, die nicht ignoriert werden konnte. Weil es aber nicht das unmittelbare Verhältnis der Parteien zueinander betraf, wäre m. E. eine Abmahnung nach § 543 Abs. 3 BGB erforderlich gewesen. So sieht es aus, als ob das Gericht dem Beklagten eine Lektion erteilen wollte, wobei dieser Eindruck noch durch die Bemessung einer Räumungsfrist von nur fünf Wochen verstärkt wird.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2019, Seite 802 und in unserer Datenbank.
Autor: Hans-Jürgen Bieber


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