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Haftung des Verkäufers wegen Falschangaben des Maklers in dessen Verkaufsprospekt
Feuchten Keller mittels Verdeckungsanstrich als trocken angepriesen
20.08.2018 (GE 14/2018, S. 857) In einer Entscheidung vom 18. Januar 2007 - III ZR 146/06 - (GE 2007, 649) hatte der BGH zwar klargestellt, dass der Makler auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen darf und keine Pflicht besteht, die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers über sein Verkaufsobjekt zu überprüfen, wenn er sie in sein Verkaufsexposé übernimmt. Anders verhält es sich aber, wenn der Makler eigenständig Angaben zum Objekt macht, die sich als unrichtig herausstellen. Nicht nur der Makler kann sich dann schadensersatzpflichtig machen, sondern auch der Verkäufer, dem die unrichtigen Angaben des Maklers als seinem Gehilfen gemäß § 166 Abs. 1 BGB zugerechnet werden können. Nur ein vertraglich vereinbarter Haftungsausschluss für Sachmängel könnte den Verkäufer dann noch von der Haftung befreien, es sei denn, er hätte – bezogen auf den Mangel selbst – arglistig gehandelt. So der BGH in einer neuen Entscheidung.
Der Fall: Die Klägerin erwarb von den Beklagten unter Ausschluss der Haftung für Sachmängel für 119.000 € ein Wohngrundstück. Im Maklerexposé wurde das Objekt u. a. wie folgt beschrieben: „… Es stammt aus den 50er Jahren und wurde 2005 bis 2007 komplett saniert. D. h. Fenster, Türen, Bad und Gäste-WC, Leitungen und Böden wurden erneuert, das Dachgeschoss wurde ausgebaut, das Dach wurde – wie die Hohlschicht des Hauses – gedämmt. Das Gebäude ist technisch und optisch auf dem neuesten Stand … Zudem ist das Haus unterkellert (trocken).“ Bei der Besichtigung fragte die Klägerin die Beklagten, ob der Keller trocken sei. Die Beklagten verschwiegen, dass sie den Keller zuvor hatten streichen lassen, so dass die vorhandene Feuchtigkeit nicht zu erkennen war. Nach Abwicklung des Kaufvertrags wurde die Kellerfeuchte offenbar. Die Klägerin begehrte daraufhin Rückabwicklung des Kaufvertrags und verlangte neben dem Kaufpreis auch die Kaufnebenkosten (Maklerkosten, Notarkosten, Kosten Grundbuchamt, Umzugskosten und Kaufpreis für die übernommene Einrichtung).
Das Landgericht gab der Klage in Höhe von 129.809,34 € statt. Das Berufungsgericht dagegen verwehrte der Klägerin die Rückabwicklung des Kaufvertrages wegen eines Sachmangels, da sich der Keller in einem für die 50er Jahre typischen Zustand befunden habe und unter dem Gesichtspunkt einer Beschaffenheitsvereinbarung im notariellen Kaufvertrag kein besonderer Zustand des Kellers sowie ein allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel vereinbart worden war. Die Klägerin könne lediglich den Ersatz eines Vertrauensschadens in Höhe von 20.000 € verlangen, weil die Beklagten die Kellerwände vor der Besichtigung mit weißer Farbe überstrichen hatten, um so den falschen Eindruck zu vermitteln, dass der Keller trocken sei. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg.

Das Urteil: Der BGH gewährte der Klägerin jedoch die gesamte Rückabwicklung des Vertrages im Wege des Schadensersatzes statt der Leistung gemäß § 437 Nr. 3, § 280 Abs. 1 und 3, § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB, die so neben dem vollen Kaufpreis auch sämtliche Kaufnebenkosten von den Beklagten zurückverlangen könne.
Zwar hätten die Parteien keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen, weshalb kein Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 Satz 1 BGB in Betracht komme, denn dass der Keller trocken sein sollte, sei im notariellen Kaufvertrag nicht vereinbart worden. Allerdings steht es nach § 434 Abs. 1 Satz 3 BGB einem Sachmangel gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache oder eine zu geringe Menge liefert. Diese Bestimmung zog der BGH heran.
Ist nämlich – wie hier – keine Beschaffenheitsvereinbarung getroffen worden, ist nach § 434 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB die verkaufte Sache nur frei von Sachmängeln, wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist, und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann, wozu auch Eigenschaften gehören, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann. Dazu zählten auch Angaben im Exposé, wobei es keinen Unterschied mache, ob es sich um ein vom Verkäufer selbst erstelltes Exposé oder um ein Maklerexposé handele. Da sich im Verkaufsexposé ein ausdrücklicher Hinweis befunden habe, dass der Keller trocken sei, durfte die Klägerin diese Beschaffenheit auch erwarten, auch wenn die Angabe über den Zustand des Kellers keinen Eingang in den Notarvertrag gefunden hatte.
Der BGH entschied weiter, dass der im Kaufvertrag vereinbarte Haftungsausschluss für Sachmängel zwar grundsätzlich auch die nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers oder seines Gehilfen – beispielsweise in einem Exposé – zu erwartenden Eigenschaften eines Grundstückes oder des aufstehenden Gebäudes umfasse. Der Verkäufer könne sich jedoch nicht darauf berufen, wenn er, bezogen auf den Mangel, arglistig gehandelt habe (§ 444 BGB). Der BGH ging davon aus, dass die Beklagten die Klägerin in Bezug auf die fehlende Trockenheit des Kellers arglistig getäuscht und damit ihre vorvertraglichen Pflichten verletzt hatten.

Anmerkung: Es ist ja kein Geheimnis, dass Immobilienmakler oft erfinderisch sind, wenn es darum geht, bestimmte Schwächen einer Immobilie durch einfallsreiche Beschreibungen in einem besseren Licht erscheinen zu lassen: Ein renovierungsbedürftiges Haus wird schnell zum „Liebhaberobjekt“, oder eine an der Autobahn liegende Immobilie wird als „verkehrsgünstig“ beschrieben. Dies ist verständlich, weil der Makler ein eigenes finanzielles Interesse daran hat, durch schnelle Kaufentscheidungen seinen eigenen Provisionsanspruch zu begründen. Da kann es passieren, dass die Vorzüge einer Immobilie sowohl im Exposé als auch im Verkaufsgespräch mitunter nicht nur blumig, sondern auch falsch beschrieben werden. Oder es werden Mängel an einem Objekt einfach verschwiegen.
Ungefährlich ist das, wie der vorliegende Fall zeigt, nicht. Der in der Praxis regelmäßig vereinbarte Haftungsausschluss schützt den Verkäufer zwar vor unrichtigen Angaben des Maklers, aber nur, wenn er den Mangel selbst nicht arglistig verschwiegen oder eine Garantie für die Beschaffenheit der Sache übernommen hat. Im gerichtlichen Verfahren trifft den Käufer die Darlegungs- und Beweislast für sämtliche derartigen Umstände. Sollte der Käufer nicht gegen den Verkäufer vorgehen können, bleibt ihm selbstverständlich noch der Makler selbst, gegen den er Schadensersatz wegen Falschangaben im Exposé oder im Verkaufsgespräch geltend machen kann.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 871 und in unserer Datenbank.
Autor: RA Axel Lipinski-Mießner


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