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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


„Ich wohne bei Freunden“ reicht nicht
Begründung der Eigenbedarfskündigung
03.02.2017 (GE 01/2017, S. 25) Eine Eigenbedarfskündigung bedarf der Begründung, damit der Mieter überprüfen kann, ob der Erlangungswunsch des Vermieters vernünftig und nachvollziehbar ist. Ob dazu auch die Darlegung der jetzigen Wohnverhältnisse des Vermieters gehört, ist umstritten.
Der Fall: Der Vermieter hatte den Mietvertrag wegen Eigenbedarfs gekündigt und dazu angegeben, er lebe seit zwei Jahren in Berlin, betreibe ein Restaurant, wohne derzeit bei Freunden und habe die Wohnung ersteigert, um dort einzuziehen. Im Räumungsprozess hatte er mit zwei Schriftsätzen die Kündigung wiederholt, ohne jedoch zusätzliche Angaben zu machen. Erst in der Beweisaufnahme ergaben sich aus der Aussage eines Zeugen Einzelheiten zu den bisherigen Wohnverhältnissen des Vermieters. Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt; die Mieterin legte Berufung ein.

Das Urteil: Das Landgericht Berlin wies die Räumungsklage ab, weil die Kündigungen formell unwirksam seien. Die Angabe, die Wohnung werde für eigene Zwecke benötigt, sei eine bloße Leerformel. Die derzeitigen Wohnverhältnisse seien lediglich pauschal benannt mit „Wohnen bei Freunden“, zumal es an anderer Stelle heißt, der Kläger wohne in seinem Restaurant. Nicht klar sei, ob beispielsweise ein Untermietvertrag bestehe, wie groß der ihm zur Verfügung stehende Wohnraum ist, oder ob es sich nur um eine Notlösung handelt. Konkretisiert seien diese Angaben erst durch die Zeugenaussage, die jedoch die formell unwirksamen Kündigungen nicht heilen können.

Anmerkung der Redaktion: Das Urteil wirkt auf den ersten Blick befremdlich, denn die Angabe des Klägers, er wohne bei Freunden, kann eigentlich nur so verstanden werden, dass er keine eigene Wohnung habe. Zwar wurde in der älteren Rechtsprechung gefordert, dass der Vermieter seine bisherigen Wohnverhältnisse darzulegen habe. Der Bundesgerichtshof hatte demgegenüber entschieden, dass bei dem Wunsch, die Wohnung einem erwachsenen Kind zur Begründung eines eigenen Hausstands zu überlassen, die Darlegung der bisherigen Wohnsituation nicht erforderlich sei (GE 2010, 1604). Wenn dagegen der Vermieter selbst umziehen will, ist es ihm zuzumuten, seine bisherigen Wohnverhältnisse darzulegen (Schmidt-Futterer/Blank, Rn. 225 zu § 573). Das BVerfG (ZMR 1992, 232) hat es so formuliert:
„Dagegen kann vom Vermieter die Mitteilung verlangt werden, in welcher Weise er bei Ausspruch der Kündigung seinen gewöhnlichen und regelmäßigen Wohnbedarf deckt. Dazu gehört auch die Bekanntgabe solcher Umstände, die für die Beurteilung von Bedeutung sein können, ob der Vermieter vernünftige und nachvollziehbare Gründe dafür hat, seinen Wohnbedarf in der gekündigten Wohnung zu befriedigen. Dadurch wird dem Mieter die Überprüfung ermöglicht, ob er die Kündigung mit Aussicht auf Erfolg in Frage stellen kann oder hinnehmen will. Denn für ihn ist die gemietete Wohnung Mittelpunkt seines persönlichen Lebenskreises; er hat ein besonderes Interesse daran, nicht schon dann weichen zu müssen, wenn der Vermieter lediglich ein Räumungsbegehren an ihn richtet.“
Die Angabe, er wohne bei Freunden, ist dann in der Tat zu dünn und hätte zumindest während des Rechtsstreits durch die schriftsätzlich wiederholten Kündigungen konkretisiert werden sollen.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 50 und in unserer Datenbank


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