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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Kein Schadensersatz für vergebliche Anfahrt?
Gerichtlich festgestellte Duldungspflicht 
25.11.2016 (GE 21/2016, S. 1308) Wenn ein Mieter zur Duldung von Modernisierungsmaßnahmen verurteilt worden ist, haftet er auf Schadensersatz, wenn er gleichwohl die Maßnahmen verhindern will. Dem Vermieter kann aber der Vorwurf des Mitverschuldens gemacht werden, weil er nicht zunächst die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil betrieben hat.
Der Fall: Die Mieter waren durch Anerkenntnisurteil verurteilt worden, den Fensteraustausch zu dulden. Nachdem der Vermieter den Einbau angekündigt hatte, teilten die Mieter mit mehreren Schreiben mit, sie würden den Austausch nicht dulden. Die vom Vermieter beauftragten Monteure erschienen zum angekündigten Termin und versuchten über Stunden vergeblich, Zutritt zur Wohnung zu erlangen; danach wurden die Fenster eingelagert. Der Vermieter ließ alsdann ein Ordnungsgeld gegen die Mieter festsetzen, woraufhin Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt werden konnten. Der Vermieter verlangte Schadensersatz für die Kosten des erfolglosen Einbauversuchs und die Einlagerungskosten.

Das Urteil: Das Landgericht Berlin gab der Klage nur zum Teil statt. 
Die Kosten für die vergebliche Anfahrt der Monteure habe der Vermieter überwiegend mitverschuldet, denn er habe aufgrund der Erklärung der Beklagten „zwingend davon ausgehen“ müssen, dass ohne Vollstreckungsmaßnahmen die Mieter den Zutritt verweigern würden. Anders sei es lediglich hinsichtlich der Einlagerungskosten der Fenster, denn der Vermieter sei berechtigt gewesen, diese mit zeitlichem Vorlauf zu bestellen.

Anmerkung der Redaktion: Man liest das Urteil mit Unbehagen, denn es ist durchaus zweifelhaft, ob das Verhalten des Vermieters gegen Treu und Glauben verstieß (der Einwand des Mitverschuldens nach § 254 BGB ist eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben: BGH NJW 1997, 2234). Die Mieter, die ihre Duldungspflicht anerkannt hatten und deshalb verurteilt waren, sollen also wegen ihrer obstinaten Haltung privilegiert sein und keinen Schadensersatz für Kosten der vergeblichen Anfahrt schulden – das dürfte dem Rechtsgefühl der meisten Leser widersprechen.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1389 und in unserer Datenbank


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