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Recht  →  Miet- & Zivilrecht


Ein Mieter hat nach einem Wasserschaden Anspruch auf Ersatz der Trocknungskosten
Auch gegen Veräußerer bei unterlassener Anzeige des Eigentumsübergangs
07.11.2016 (GE 20/2016, S. 1247) Nach dem Verkauf einer Wohnung teilt meist der Vermieter dem Mieter mit, dass der Übergang von Nutzungen und Lasten auf den Käufer stattgefunden habe und an diesen in Zukunft die Miete zu überweisen sei. Der Eigentumsübergang mit Umschreibung im Grundbuch erfolgt erst später. Der Veräußerer kann in solchen Fällen immer noch für zukünftig entstehende Ansprüche des Mieters haften müssen.
Der Fall: Der Mieter hatte eine Wohnung mit Hobby- und Kellerraum gemietet, in dem er seine selbständige Tätigkeit als EDV-Berater ausübte. Nach einem Wasserschaden infolge eines Defekts am Heizkessel zogen sich die Schadensbeseitigungs- und Trocknungsarbeiten über mehrere Monate hin. Der Mieter hatte in dem Hobbyraum ein 19-Zoll-Server-Rack installiert, das zum Schutz vor Feuchtigkeit, Staub und Schmutz eingehaust wurde; das installierte Klimagerät verursachte Stromkosten in Höhe von über 2.000  €. Im Zahlungsprozess gegen den (bisherigen) Vermieter trug dieser erstmals vor, dass der Eigentumsübergang schon vor Jahren stattgefunden habe. Der Mieter erweiterte daraufhin die Klage auch gegen den Erwerber.

Das Urteil: Das Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg gab der Klage gegen beide Beklagten statt. Der Erwerber als neuer Vermieter hafte gemäß §  555 a BGB auf Ersatz der Aufwendungen für das Klimagerät. Die Maßnahmen waren erforderlich zum Schutz des Eigentums des Klägers, der schließlich keinen Einfluss auf die Dauer der Instandsetzungsarbeiten gehabt habe. Dies sei auch nicht absehbar gewesen, als der Kläger sich entschieden habe, das Server-Rack im Souterrain zu lassen und nicht die Anlage an einen anderen Ort zu bringen. Ob die teilgewerbliche Nutzung mit Genehmigung des Vermieters erfolgt sei, könne hier dahinstehen, da auch die private Verwendung eines Server-Racks durchaus denkbar sei.
Der Veräußerer hafte wie ein Gesamtschuldner neben dem Erwerber auf Aufwendungsersatz, da die Mitteilung des Eigentumsübergangs erst im Prozess erfolgt sei und die dem Mieter bei Wohnungsverkäufen eingeräumte Sonderkündigungsfrist des § 566 Abs. 2 BGB somit noch nicht abgelaufen war.

Anmerkung: Nach § 566 Abs. 2 BGB haftet der Vermieter für Schadensersatzansprüche des Mieters gegen den Erwerber wie ein selbstschuldnerischer Bürge. Entgegen dem Wortlaut „Schadensersatz“ gilt das auch für Zahlungsansprüche des Mieters gegen den Vermieter, bei denen es sich nicht um Schadensersatz im engeren Sinne handelt, sondern um eine den Vermieter treffende Pflicht auf Geldleistung (Schmidt-Futterer/Streyl, Rn. 147 zu § 566 BGB). Der Aufwendungsersatzanspruch nach §  555 a BGB gehört dazu. Der Veräußerer war auch nicht nach §  566 BGB von der Haftung befreit, da er dem Mieter nicht rechtzeitig den Eigentumsübergang mitgeteilt hatte. Die Mitteilung muss nach dem Eigentumsübergang vom Veräußerer (nicht vom Erwerber) erfolgen; eine sonstige Kenntniserlangung des Mieters reicht nicht aus (OLG Köln, Beschluss vom 26. Juli 2013, 22 U 208/12).
Der Veräußerer wird von seiner Haftung frei, wenn der Mieter nicht nach Mitteilung des Eigentumsübergangs fristgerecht kündigt. Ist eine solche Kündigung nicht möglich, wie etwa bei Zeitverträgen, haftet der Veräußerer bis zum Vertragsende weiter (Schmidt-Futterer/Streyl, Rn. 149 zu § 566 BGB). Im vom Amtsgericht entschiedenen Fall lief noch die Kündigungsfrist für den Mieter zum Zeitpunkt des Urteilserlasses, so dass mangels Haftungsbefreiung auch der Veräußerer zur Zahlung zu verurteilen war. Daraus ergibt sich die spannende Frage, ob es bei der Haftung des Veräußerers bleibt, wenn auch nach Urteilserlass und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist der Mieter nicht gekündigt hat. Hier dürfte ein Fall des § 767 ZPO anzunehmen sein, weil es sich um eine Einwendung gegen den durch das Urteil festgestellten Anspruch handelt, deren Grund erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung entstanden ist (nämlich die Nichtausübung des Kündigungsrechts durch den Mieter). Der Veräußerer könnte daher eine Vollstreckungsgegenklage beim Amtsgericht erheben.

Tipp: Vermieter tun jedenfalls gut daran, den Übergang des Eigentums nach Umschreibung im Grundbuch dem Mieter mitzuteilen, um eine Haftungsbefreiung herbeizuführen. Für die Mietkaution gilt das nach § 566 a BGB freilich nicht; hier haftet der Veräußerer nach dem Erwerber zeitlich unbegrenzt auf Rückzahlung.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2016, Seite 1280 und in unserer Datenbank
Autor: Rudolf Beuermann


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