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Beratertätigkeit als Gegenleistung für Vermietung?
Ungewöhnlicher Mietzins
15.04.2022 (GE 6/2022, S. 281) In der Regel wird als Gegenleistung für die mietweise Überlassung von Wohnungen, Fahrzeugen und dergleichen Geld geschuldet, aber auch geldwerte Leistungen können als Miete i.S.d. § 535 Abs. 2 BGB vereinbart werden. Hiermit, und zwar für den Fall der Fahrzeugvermietung, befasst sich die Entscheidung des OLG Düsseldorf, in der der in Anspruch genommene Mieter Beraterleistungen als geschuldete Miete behauptet.
Der Fall: Der Beklagte beauftragte die Klägerin, die eine Autoreparatur- und -vermietung betreibt, im Dezember 2016 mit der Reparatur seines Kraftfahrzeuges und schloss mit ihr zwei schriftliche Mietverträge über die Anmietung zweier Mietfahrzeuge ab. In diesen Verträgen fehlen trotz vorgesehener Spalten für die Eintragung bestimmter Beträge nach Fahrzeugart und Mietdauer Angaben zum Mietzins und zur „Tarifart“. Im Verlauf der Nutzungszeit und noch etwa zwei Wochen danach übersandte der Beklagte der Klägerin verschiedene Vorschläge zu Marktstrategien, die die Klägerin allerdings nicht nutzte. Mit der Klage verlangt die Klägerin nunmehr die Reparaturkosten für das Fahrzeug und außerdem Mietwagenkosten in Höhe von rd. 10.300 €, die der Beklagte für ungerechtfertigt hält, weil insoweit eine Verrechnung mit seinen Beraterleistungen vereinbart worden sei.

Das Urteil: Das LG gab der Klage hinsichtlich der Reparaturkosten statt und wies sie wegen der Wagenmiete ab, das OLG Düsseldorf wies die Berufung der Klägerin zurück. Auszugehen sei davon, dass entgegen der Meinung der Klägerin die Miete für die Kraftfahrzeuge nicht in Geld, sondern in Dienstleistungen des Beklagten zu erbringen gewesen sei und diese mit den Mietwagenkosten verrechnet werden sollten. Die Darlegungs- und Beweislast für die Entgeltlichkeit der Gebrauchsüberlassung treffe nach allgemeinen Grundsätzen den Vermieter; das gelte auch, wenn vom Mieter anstelle der Geldzahlungsverpflichtung die Erbringung anderer Leistungen behauptet werde.
Hier spreche vieles dafür, dass die Bereitstellung der Fahrzeuge als Gegenleistung für die unternehmerische Beratung durch den Beklagten erfolgt sei, während sich für die Vereinbarung einer Geldleistung keine hinreichenden Anhaltspunkte finden ließen. Die fehlende Eintragung eines Mietzinses in die Mietverträge sei ungewöhnlich und lasse sich auch nicht durch den Hinweis auf die im Ladenlokal ausgehängten Mietpreise erklären. Auch habe die Klägerin die Vorschläge des Beklagten über mehrere Monate entgegengenommen, ohne zu widersprechen, wobei es nicht darauf ankomme, ob diese verwertbar gewesen seien, weil im Rahmen eines Dienstvertrages nur die Tätigkeit als solche geschuldet sei.
Auf der Grundlage des § 286 ZPO könne der Senat beurteilen, welcher Sachverhalt als bewiesen angesehen werde: Hier sei davon auszugehen, dass als Entgelt für die Gebrauchsüberlassung die Beratungsdienste des Beklagten geschuldet gewesen seien, so dass kein Mietzahlungsanspruch bestünde.

Anmerkung: Vielleicht kann man an den Fall auch anders herangehen: Die Parteien hatten den Mietvertrag schriftlich abgeschlossen, so dass von der Vereinbarung der Schriftform i.S.d. § 125 Satz 2 BGB auszugehen ist. Dieses Schriftformerfordernis erstreckte sich auf die sog. essentialia negotii, also gerade und auch auf den für den Vertragstyp „Mietvertrag“ unerlässlichen Bestandteil der Mietzahlung in ihrer jeweiligen Höhe. Weil insoweit keine Angaben vorhanden sind, greift die für Verträge geltende Auslegungsregel des § 154 Abs. 2 BGB ein, wonach keine Nichtigkeit des Vertrages vorliegt, sondern dieser im Zweifel noch gar nicht zustande gekommen ist (MünchKommBGB/Einsele, 8. Aufl., § 125 Rn. 69 a. E.). Anhaltspunkte für die Ausräumung des Zweifels sind dem Sachverhalt nicht zu entnehmen; sie werden im Gegenteil noch dadurch bestätigt, dass der Beklagte auch noch nach Rückgabe der Fahrzeuge für die Klägerin Leistungen erbracht hat, für die es vertraglich keine Verpflichtung mehr gegeben hätte. Fazit: Die Klägerin hätte wegen der Nutzung der Fahrzeuge Bereicherungsansprüche nach § 812 BGB, der Beklagte hätte nach Beweis einer entgeltlichen Dienstleistung mit entsprechenden Ansprüchen gegen diejenigen der Klägerin aufrechnen können. Eine für beide Parteien sehr komplizierte Rechtslage.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2022, Seite 307 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Hans-Jürgen Bieber


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