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Dem Mieter wurde die Nutzung untersagt
Wegfall des zweiten Rettungswegs
01.11.2021 (GE 19/2021, S. 1160) Die Bauordnungen von Berlin und Brandenburg schreiben als Brandschutz einen zweiten Rettungsweg vor, der verschieden ausgestaltet sein kann (vgl. die Übersicht von Aschmann/Witzack in GE 2019, 169). Vor kurzem wurde im Tagesspiegel berichtet, dass in Berlin durch die Einrichtung von Pop-up-Radwegen ein zweiter Rettungsweg (Erreichbarkeit durch die Feuerwehr per Leiter) nicht mehr gegeben sei. In einer schon etwas älteren Entscheidung hat das OVG Berlin-Brandenburg geurteilt, dass wegen Wegfalls des zweiten Rettungswegs auch nach mehr als 20 Jahren die Nutzung einer Dachgeschosswohnung untersagt werden und der Mieter sich nicht auf Bestandsschutz berufen kann oder darauf, dass die Behörde vorrangig gegen den Grundstückseigentümer vorgehen muss.
Der Fall: Die Baugenehmigung aus dem Jahre 1993 für die Errichtung der Dachgeschosswohnung ging von einem zweiten Rettungsweg aus, bei dem die Feuerwehr über eine Balkonanlage Rettungsgeräte einsetzen konnte. Einige Jahre später wurde eine Tiefgaragenanlage errichtet und der zweite Rettungsweg fiel weg. Nachdem die Behörde zunächst eine Nutzungsuntersagung gegen die Eigentümerin ausgesprochen hatte, wurde auch den Mietern der Dachgeschosswohnung die Nutzung untersagt. Ihr Widerspruch war erfolglos; das Verwaltungsgericht und das OVG Berlin-Brandenburg lehnten die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage ab.

Der Beschluss: Das Oberverwaltungsgericht verwies darauf, dass der nachträgliche Wegfall des Rettungswegs zur Baurechtswidrigkeit geführt habe. Aus Gründen des Brandschutzes sei die Behörde auch nach mehr als 20 Jahren zum Eingreifen berechtigt; eine bewusste Duldung des bauordnungswidrigen Zustands sei von den Antragstellern nicht dargelegt worden. Die Behörde sei auch nicht verpflichtet, vorrangig gegen die Eigentümerin ein rechtlich nur schwer durchsetzbares Baugebot zu erlassen. Die gebotene Effektivität der Gefahrenabwehr rechtfertige die Anordnung, dass die Antragsteller ihre Wohnung zumindest zeitweise aufzugeben hätten.

Anmerkung der Redaktion: Ähnlich auch VG Mainz GE 2019, 1353.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2021, Seite 1207 und in unserer Datenbank.


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