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Mehrvertretungszuschlag bei Rechtsanwälten
Wohnungseigentümer als Kläger
13.12.2017 (GE 21/2017, S. 1263) Die vor der Bekanntgabe der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei Mandatierung durch die Wohnungseigentümer persönlich entstandene Erhöhungsgebühr ist in der Übergangszeit grundsätzlich noch erstattungsfähig.
Der Fall: Wohnungseigentümer als Kläger haben in dem Prozess im Juli 2005 fristwahrend Berufung gegen den beklagten Wohnungseigentümer einlegen lassen, der seinerseits Widerklage erhoben hat. Die Parteien streiten im Kostenfestsetzungsverfahren darüber, ob für die Rechtsanwälte die Erhöhungsgebühr für die Vertretung mehrerer Personen angefallen und festzusetzen ist. Hintergrund ist die grundlegende BGH-Entscheidung vom 2. Juni 2005 (BGHZ 163, 154 = GE 2005, 921), mit der überraschend die Rechtsfähigkeit der WEG-Gemeinschaft anerkannt worden ist, so dass die Wohnungseigentümer im Verband künftig bei gemeinsamer Mandatierung eines Anwalts keinen Mehrvertretungszuschlag mehr auslösen können. Das LG hat dennoch im vorliegenden Fall den Mehrvertretungszuschlag zugesprochen. Hiergegen die sofortige Beschwerde an das OLG.

Die Entscheidung: Ohne Erfolg! In der Rechtsprechung geklärt ist, dass bei einer zunächst nur fristwahrend eingelegten und dann wieder zurückgenommenen Berufung jedenfalls die ermäßigte Verfahrensgebühr anfällt. Kernproblem war hier aber der Mehrvertretungszuschlag, wenn ein Rechtsanwalt gleichzeitig mehrere Personen vertritt. Die bei Beauftragung des Prozessbevollmächtigten durch die einzelnen Wohnungseigentümer zusätzlich angefallene Mehrvertretungsgebühr ist in einer Übergangszeit noch zu bewilligen (vgl. BGH, Beschluss vom 8. Februar 2007 - VII ZB 89/06, NJW 2007, 1464). Denn sie ist hier vor der erst im August 2015 veröffentlichten BGH-Entscheidung entstanden.

Anmerkung: Nach der Rechtslage vor Juni 2005 wurde die Wohnungseigentümergemeinschaft ebenso wenig wie die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als parteifähig anerkannt, bei der grundsätzlich auch immer sämtliche Gesellschafter klagen mussten. Nachdem zunächst für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (zumindest bei einer so genannten Außengesellschaft) von der Rechtsprechung die Rechts- und Parteifähigkeit zuerkannt worden ist (IBR 2005, 517), wurde dies vom BGH (BGHZ 163, 154 = GE 2005, 921) auf die Wohnungseigentümergemeinschaft übertragen. Grund hierfür war, dass sich manche Rechtsprobleme bei besonders großen Gemeinschaften nicht mehr praktisch lösen ließen, wenn nicht der Verband selbst im Rechtsverkehr auftreten konnte. Diese Rechtsentwicklung ist von der WEG-Reform 2007 nachvollzogen worden. Damit ergaben sich für eine Übergangszeit Abwicklungsprobleme. Für Rechtsanwälte sollte nach der Rechtsprechung in Gebührenfragen Vertrauensschutz gelten.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1352 und in unserer Datenbank
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


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