Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

Archiv / Suche


Zugriff nur bei unstreitigen Ansprüchen erlaubt
Kaution im Wohnraummietverhältnis nach Vertragsende
23.10.2017 (GE 18/2017, S. 1052) Während des Mietverhältnisses soll die Kaution aus Sicht des Vermieters streitige Ansprüche sichern und einen Zugriff nur erlauben, wenn es sich um rechtskräftig festgestellte oder zwischen den Parteien unstreitige Ansprüche handelt. Gleiches gilt nach Auffassung des Landgerichts Berlin grundsätzlich auch für die Zeit nach Mietende. Greift der Vermieter unerlaubt zu, rechtfertigt das stets den Erlass einer einstweiligen Verfügung.
Der Fall: Die Parteien hatten als Sicherheit eine Bankbürgschaft zugunsten des Vermieters und außerdem vereinbart, dass sich der Vermieter nach Beendigung des Mietverhältnisses wegen „aller anerkannter oder rechtskräftiger Forderungen aus dem Mietverhältnis aus der Sicherheit befriedigen“ könne. Nach Mietende verlangte der Vermieter Betriebskostennachzahlungen, deren Berechtigung von den Mietern allerdings bestritten wurde. Weil der Vermieter Zugriff auf die Bürgschaft ankündigte, beantragten die Mieter dagegen Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Die Entscheidung: Das AG wies den Antrag zurück, das LG änderte das Urteil ab, erklärte den Rechtsstreit wegen der inzwischen erfolgten Inanspruchnahme der Bürgschaft als in der Hauptsache für erledigt und legte dem Vermieter die Kosten des Rechtsstreits auf. Den Mietern habe ein Anspruch auf Unterlassung der Inanspruchnahme der von ihnen gestellten Mietsicherheit zugestanden, weil der Wohnraumvermieter die Mietsicherheit auch nach Beendigung des Mietverhältnisses vorbehaltlich einer abweichenden vertraglichen Vereinbarung nur dann in Anspruch nehmen könne, wenn er Inhaber gesicherter Ansprüche sei. Das ergebe sich schon aus der von den Parteien gewählten Begrifflichkeit, wonach eine „Sicherheit“ oder „Kaution“ entgegen teilweise gegenteilig vertretener Auffassung weitestgehend eine bloße Sicherungs- und keine Befriedigungsfunktion habe. Zudem folge aus der Regelung im Mietvertrag im Umkehrschluss ein Befriedigungsverbot für sonstige Ansprüche; um solche handele es sich bei den streitgegenständlichen. Es habe auch ein Verfügungsgrund bestanden, weil durch die Inanspruchnahme der Kaution die Vereitelung eines Rechts oder der Eintritt wesentlicher Nachteile zu besorgen gewesen wäre. Zwar werde im streitgegenständlichen Zusammenhang die Auffassung vertreten, dass ein Verfügungsgrund nur bestehe, wenn im Falle der Kautionsverwertung entweder ein Insolvenzrisiko des Vermieters konkret zu besorgen sei oder dem Mieter sonstige gleichgewichtige Nachteile drohten. Das könne jedoch bei einer gesetzlich angeordneten oder vertraglich vereinbarten Pflicht zur insolvenzfesten Anlage einer Sicherheit und damit bei einem Wohnraummietverhältnis wie hier nicht gelten; die beständige insolvenzfeste Anlage der vom Wohnraummieter geleisteten Sicherheit sei unabhängig von den Vermögensverhältnissen des Vermieters zu gewährleisten, sodass die drohende Vereitelung dieses Schutzzweckes einen Verfügungsgrund darstelle.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1096 und in unserer Datenbank


Links: