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Keine Haftung des Anwalts für Falschberatung
Im Auftrag des Mieterschutzbundes tätig
16.10.2017 (GE 18/2017, S. 1054) Wer sich durch einen Anwalt bei einer Mieterschutzvereinigung beraten lässt, hat mit diesem keinen Vertrag abgeschlossen, so dass keine Schadensersatzansprüche gegen den Anwalt aus einer etwaigen fehlerhaften Beratung bestehen. Auch aus dem Vertrag des Anwalts mit dem Verein können keine Schutzwirkungen zugunsten der Vereinsmitglieder hergeleitet werden – so jedenfalls das Landgericht Berlin.
Der Fall: Der Kläger nimmt die beklagte Anwältin auf Schadensersatz aus anwaltlicher Falschberatung in Anspruch. Die Beklagte, die für den Mieterschutzbund Berlin e. V. tätig war, beriet den Kläger in einem Beratungstermin beim Mieterschutzbund in einer mietrechtlichen Angelegenheit. Dem Kläger wurde von seinem Rechtsanwalt für die außergerichtliche Vertretung ein Honorar von 571,44 € berechnet. Der Kläger behauptet, die Beklagte habe ihn hinsichtlich einer angekündigten Verwertungskündigung falsch beraten. Im Vertrauen auf diese Auskunft habe er einen neuen Mietvertrag mit höherer Mietbelastung abgeschlossen.

Das Urteil: Das Landgericht Berlin wies die Klage ab, da vertragliche Ansprüche nur gegen den Mieterschutzbund bestünden, nicht jedoch gegen die Anwältin. Die Anwältin sei auch nicht aufgrund eines Vertrages (mit dem Mieterschutzbund) zugunsten Dritter tätig geworden, da gegen sie kein eigener Beratungsanspruch bestanden habe. Auch eine Haftung nach den Grundsätzen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter scheide aus, da jedenfalls der Kläger nicht schutzbedürftig sei. Er habe vertragliche Ansprüche gegen den Mieterschutzbund, woran die Haftungsbegrenzung in der Vereinssatzung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit nichts ändere. Der Kläger habe hier bewusst auf eine weitergehende Haftung verzichtet, und es sei kein Grund ersichtlich, eine Haftungserweiterung zugunsten des Klägers vorzusehen, der gerade nicht eine Rechtsanwaltskanzlei aufgesucht habe.

Anmerkung: Die schon vom Reichsgericht entwickelte Figur des Vertrags mit Schutzwirkung zugunsten Dritter (typisches Beispiel aus dem Mietrecht: die Ehefrau des Mieters wird durch die vom Vermieter fehlerhaft installierte Gastherme verletzt) wird vom Bundesgerichtshof uneinheitlich ausgelegt (so Zugehör NJW 2008, 1105). Einig sind sich die Senate nur darin, dass eine restriktive Anwendung geboten ist (Zugehör aaO. 1110). Das auch von der 67. Kammer zitierte OLG Düsseldorf (24 U 50/08) war jedenfalls der Auffassung, dass in einem vergleichbaren Fall die Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter erfüllt seien. In dem Urteil heißt es wörtlich: „Die Voraussetzungen eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte liegen hier vor: Inhalt und Zweck des dem Beklagten von dem Mieterschutzverein erteilten Auftrags war ersichtlich die Beratung Dritter, nämlich der Vereinsmitglieder, deren Rechtsgüter diesem Zweck entsprechend durch Fehlleistungen des Beklagten Nachteile erleiden konnten und hier auch erlitten haben. Die Drittbezogenheit der von dem Beklagten zu erbringenden Leistung war nachgerade der Kern des ihm erteilten Beratungsauftrags. Auch liegt das Interesse des Vereins am Schutz seiner Mitglieder, denen er die Rechtsberatung offeriert, auf der Hand. Die Beklagten sind zudem auch schutzbedürftig. Gleichwertige Ersatzansprüche gegen den Mieterschutzverein sind nicht dargetan, zumal nach § 3 Nr. 4 Satz 3 der aktuellen Satzung des Vereins – (‚Aus der Gewährung von Rat, Information und Hilfe kann das Mitglied keine Ansprüche gegen den Verein und seine Organe herleiten‘) – die Haftung des Vereins ausgeschlossen ist. Das dem Beklagten von dem Verein übertragene Beratungsmandat bezog mithin gerade diejenigen Vereinsmitglieder, deren Beratung der Beklagte im Einzelfall übernahm, in seinen Schutzbereich ein.“
Ob das hier anders gesehen werden kann, weil der Mieterschutzbund für grob fahrlässige oder vorsätzliche Leistungen nach seiner Satzung haften müsste, ist zweifelhaft. Die weitaus überwiegenden Fälle der fahrlässigen Falschberatungen werden davon nicht erfasst. Die Kammer meint nach dem Grundsatz „selbst schuld“, der Kläger habe sich „selbst seiner Ansprüche teilweise begeben“, wenn er nicht zur Beratung eine Rechtsanwaltskanzlei aufgesucht habe.
Ähnliche Haftungsbeschränkungen finden sich in der Satzung des Mieterschutzvereins (§ 6), während der Berliner Mieterverein in seiner Satzung (§ 4) knapp festlegt: „Dem Mitglied wird Auskunft, Beratung und Hilfe in allen Fragen des Miet- und Wohnungswesens gewährt. Aus Leistungen des Vereins stehen dem Mitglied keine Regressansprüche zu.“ Wie im Fall des OLG Düsseldorf ist damit jeglicher Anspruch gegen den Verein ausgeschlossen.
Mieter sollten sich also im Klaren darüber sein, dass die rechtliche Beratung durch eine Mieterschutzvereinigung jedenfalls hinsichtlich etwaiger Regressansprüche nur eine Beratung zweiter Klasse darstellt.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 1094 und in unserer Datenbank
Autor: Rudolf Beuermann


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