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Fristlose Kündigung auch ohne Abmahnung möglich
Erheblich verwahrloste und von Ratten befallene Messiewohnung 
23.06.2017 (GE 10/2017, S. 572) Nach der Rechtsprechung des LG Berlin kann der Mieter die Wohnung bis zur Grenze der Substanzgefährdung nach seinem Geschmack gestalten, auch vermüllen (GE 2011, 691), bis hin zur Ablagerung menschlicher Exkremente (GE 2015, 1599). Bei eingetretenen Substanzschäden mit drohender Verschlimmerung ist das anders.
Der Fall: In der „Messiewohnung“ der Mieterin waren ganze Zimmer flächendeckend vollgestellt; das Bad war nicht mehr zu betreten und zu benutzen. Ein schon länger dauernder Rattenbefall war nach dem massiven Umfang der vorgefundenen Rattenkegel wahrscheinlich; Wohnungstüren waren auch schon durch Anknabbern beschädigt. Nach einem Wasserschaden und während weiterer Sanierungsarbeiten wohnte die Mieterin überwiegend bei einem Bekannten; nachdem die Vermieterin den Zustand der Wohnung dokumentiert hatte, kündigte sie fristlos.

Das Urteil: Das Amtsgericht hatte noch die Klage abgewiesen; die Berufung beim Landgericht Berlin war erfolgreich. Die Wohnung sei in einem extremen Zustand erheblicher Verwahrlosung gewesen; dazu komme der besonders schwere Fall der Vernachlässigung im Badezimmer mit den zahlreichen Rattenkegeln. Es seien schon konkrete Substanzschäden eingetreten, und es habe eine weitere Verschlimmerung der Situation gedroht. Eine Abmahnung sei hier ausnahmsweise entbehrlich gewesen wegen der erheblichen Vernachlässigung der Wohnung, der fehlenden Einsicht und dem Herunterspielen durch die Mieterin, so dass die Vertragsgrundlage zwischen den Parteien schwerwiegend erschüttert sei. Auch eine Räumungsfrist komme nicht in Betracht, da sich die Mieterin ohnehin überwiegend nicht mehr in der Wohnung aufhalte.

Anmerkung der Redaktion: Bei „Rattenkegeln“ handelt es sich nicht um einen Druckfehler, sondern um einen Fachausdruck für die Kotablagerungen. Im Internet heißt es dazu: Eine Ratte frisst im Monat ca. 1 kg Getreide und „produziert“ in diesem Zeitraum 2.000 Rattenkegel und einen halben Liter Urin.
Wie das Landgericht Berlin hat im Übrigen auch unlängst das LG Nürnberg-Fürth (Urteil vom 23. Februar 2017 - 7 S 7084/16 -) entschieden. Die Wohnung war stark verschmutzt und mit Gegenständen so vollgestellt, dass ein Raum gar nicht betreten werden konnte. Das Badezimmer war nicht benutzbar und die Wohnung lediglich mit einem in der Küche aufgestellten Radiator beheizt.


Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2017, Seite 591 und in unserer Datenbank


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