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Überforderte Verwalter verursachen jedes Jahr Millionenschäden
Fehlende Sach- und Fachkunde
17.04.2017 (GE 07/2017, S. 378) Eine Umfrage des Dachverbandes Deutscher Immobilienverwalter (DDIV) unter 400 Unternehmen ergab, dass Wohnungseigentümern jährlich finanzielle Schäden von bis zu 25 Millionen € entstehen, die oft auf eine unprofessionelle und fehlerhafte Immobilienverwaltung zurückzuführen seien. Weitere 55 Millionen € koste die Aufarbeitung mangelhafter WEG-Unterlagen bei Übernahme durch eine neue Verwaltung. In 94 % aller Fälle komme es dabei bereits zu Schadensersatzforderungen und in 16 % sogar zu Strafanzeigen gegen die Vorverwaltung. Der DDIV fordert daher einen raschen Abschluss des laufenden Gesetzgebungsverfahrens über die Zulassungsvoraussetzungen für Verwalter.
Die treuhänderische Immobilienverwaltung soll Vermögen sichern und erhalten. Oft handelt es sich dabei um die Altersvorsorge von Millionen Wohnungseigentümern. Die Anforderungen an die Tätigkeit des Verwalters sind in den vergangenen Jahren enorm gestiegen. Neben juristischen, technischen und finanziellen Kenntnissen müssten Immobilienverwalter in der Praxis, so der DDIV, weit über 60 Gesetze und Verordnungen beachten, die durch den Gesetzgeber fortlaufend novelliert werden. Bisher gibt es für den Verwalterberuf keine Mindestanforderungen, was zunehmend dazu führe, dass gesetzgeberische Vorgaben nicht vollumfänglich umgesetzt würden – zum Nachteil von Eigentümern und Mietern. Die Bundesregierung hat daher im vergangenen Jahr einen Gesetzentwurf vorgelegt, um Grundqualifikationen für die Verwalterbranche festzulegen und den Verbraucherschutz zu erhöhen.

Schadenshöhe und Ursachen
In der politischen Diskussion werde dabei immer wieder die Frage gestellt, wie hoch der Schaden für den Verbraucher durch unprofessionelle Verwaltungen denn eigentlich wäre. Der DDIV hat daher eine Umfrage unter 400 Verwaltungen durchgeführt, um belastbare Daten vorzulegen. Die Ergebnisse seien alarmierend. Nahezu 80 Millionen € müssten Eigentümer und Verwalter jährlich zusätzlich aufbringen, um fehlende Sachkunde und Missmanagement auszugleichen.
Immer häufiger fänden dabei Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) nur schwer eine professionelle Verwaltung. Weit über 80 % der befragten 400 Unternehmen bewerben sich nicht aktiv bei Wohnungseigentümergemeinschaften. Mehr als 50 % der Verwaltungen reagieren zudem nicht auf Anfragen von Eigentümergemeinschaften und verweigern sich einem Auswahlverfahren. Die Gründe dafür seien vielschichtig. Knapp 74 % lehnten WEG ab, weil sie ein zu hohes Konfliktpotential sehen; 66 % erachteten die WEG mitunter als zu klein, und über 63 % könnten nicht auskömmlich mit der angebotenen Vergütung wirtschaften.
Knapp 34 % der Unternehmen lehnten WEG wegen unqualifizierter Vorverwaltungen ab. Wenn es zur Übernahme einer WEG trotz unqualifizierter Vorverwaltung gekommen sei, stellten die Unternehmen fest, dass die häufigsten Fehlerquellen eine unkorrekte Buchführung (76 %), ein Instandhaltungs- und Sanierungsstau (75 %), nicht umgesetzte Beschlüsse der Eigentümer (68 %) und die Nichteinhaltung gesetzlicher Auflagen (57 %) waren. Auch wurde oft eine fehlerhafte Beschlussfassung (52 %), fehlende Abrechnungen (48 %) und Mängel bei der Beschlusssammlung (35 %) identifiziert.
Die Aufbereitung fehlerhafter Unterlagen nach einer WEG-Übernahme beanspruchte durchschnittlich 51 Arbeitsstunden. Dabei erhielten nur 30 % der Verwaltungen diesen Mehraufwand vergütet, welcher sich auf 55 Millionen € jährlich summiert.

Schadensersatzforderungen und Strafanzeigen
Bei Übernahme einer WEG habe in der Vergangenheit jede zweite Verwaltung bereits einen außergerichtlichen Schadensersatz gegen den Vorverwalter durchgesetzt. 43 % strengten zudem einen gerichtlichen Schadensersatz an. 16 % der Unternehmen stellten mindestens schon einmal eine Strafanzeige gegen den Vorverwalter wegen unsachgemäßer Immobilienverwaltung. Zum Erfolg führten die Maßnahmen insgesamt bei rund 44 % der Befragten.
Die befragten Unternehmen gaben aber auch selbstkritisch an, dass sie sich selbst mindestens einmal mit Forderungen nach außergerichtlichem (37 %) bzw. gerichtlichem Schadensersatz (33 %) und Strafanzeigen (12 %) konfrontiert sahen.
Die Ergebnisse zeigen, so DDIV-Geschäftsführer Martin Kaßler, dass der Gesetzgeber handeln müsse. Die Regel- und Gesetzesdichte ist enorm hoch. Sie ist übrigens deutlich höher, als der DDIV glaubt. Technische Fortentwicklungen und neue Handlungsfelder wie Digitalisierung, E-Mobilität und Energiewende stellten die Branche in immer kürzeren Intervallen vor neue Herausforderungen, so der DDIV. Ohne ein Mindestmaß an Qualifikation und Weiterbildung für den Immobilienverwalter setze die Bundesregierung die Altersvorsorge von Millionen Wohnungseigentümern weiter auf‘s Spiel.
Der Hinweis sollte nicht fehlen, dass die vom DDIV genannten Schäden nur die Spitze des Eisberges darstellen. Deren größte Masse ist unter der Oberfläche verborgen. Was Eigentümern durch mangelhafte oder gänzlich fehlende Ausschreibungen bei Bau- und Handwerkeraufträgen oder ungenutztem Betriebskosteneinsparpotential an Schäden entstehen, ist dabei gar nicht beziffert. Das dürfte in die Milliarden gehen.


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