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Berlin schottet sich gegen Pendler ab
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16.04.2017 (GE 07/2017, S. 370) Das glaubt man Berlins Finanzsenator Dr. Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) sofort: Dass es ihm nicht um Steuermehreinnahmen geht, wenn die Berliner Zweitwohnungsteuer jetzt verdreifacht wird und von 5 % auf 15 % der Nettokaltmiete steigt. Der Mann hätte auch Komiker werden können, die Satire beherrscht er jedenfalls. Nein, es geht ihm nur darum, dass möglichst viele Zweitwohnsitzberliner auf ihre doppelte Einwohnerschaft verzichten und sich mit Hauptwohnsitz in Berlin anmelden.
Das hat dann den schönen Nebeneffekt, dass sie deutlich mehr in die Landeskasse zahlen als durch die Zweitwohnungsteuer. Denn erstens zählt für den Länderfinanzausgleich aufgrund des Stadtstaatenprivilegs jeder Berliner 1,35fach – die Finanzer nennen das flapsig „Einwohnerveredelung“ –, und zweitens sind da ja auch noch Lohnsteuer und Einkommensteuer, von denen Berlin als Land und Gemeinde 57,5 % behalten darf. Und da ist es schon ein Unterschied, wenn sich z. B. ein in Berlin arbeitender Manager, dessen Familie in Stuttgart sitzt, hier mit Erstwohnsitz anmeldet oder nicht. Dann löhnt er nämlich hier, weil sich hier dann auch sein Wohnsitzfinanzamt befindet, und Stuttgart und Baden-Württemberg gehen leer aus. Die einzige Schwachstelle in Kollatz-Ahnens Steuererhöhungsplan ist, dass Zweitwohnungsbesitzer vermehrt abtauchen. Dem will der wackere Kassenwart durch verstärktes Schnüffeln begegnen – der Datenaustausch zwischen Einwohnermeldeämtern und Finanzämtern soll verbessert werden. Für so manche Zweitwohnungsbesitzer – die meisten werden Mieter sein (Studenten, Praktikanten, Volontäre, Wissenschaftler, Facharbeiter, Künstler, die sich nur vorübergehend, aber länger als sechs Monate hier aufhalten) – bedeutet das eine faktische Mieterhöhung um knapp 10 %. Denn anders als bisher, wo die Zweitwohnungsteuer erst nach einem Jahr Wohndauer einsetzte, wird sie künftig schon am ersten Tag fällig. So wird das nichts mit der Metropole und auch nicht mit der Start-Up-Hauptstadt Europas. Metropolen entgrenzen sich, sie lassen ein Kommen und Gehen zu, sie igeln sich nicht ein und verlangen auch nicht von jedem Zuzügler sofort einen Treueschwur. 
Autor: Dieter Blümmel


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