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Haftung des Vermieters für Feuchtigkeitsschäden wegen unzureichender Aufklärung des Mieters?
Schimmelpilzbildung wegen unzureichender Lüftung
14.06.2021 (GE 10/2021, S. 601) Wenn in einer Wohnung Feuchtigkeitsschäden (Schimmel) auftreten, hat nach ständiger Rechtsprechung zunächst der Vermieter nachzuweisen, dass kein Baumangel vorliegt; ist das der Fall, spricht die Vermutung dafür, dass der Mieter durch sein Wohnverhalten den Schaden verursacht hat. Eine neue Variante hat jetzt das Landgericht Berlin gefunden: Ein allein vom Vermieter zu verantwortenden Sachmangel liege auch im Fall eines nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführenden Schimmelbefalls der Mietsache vor, wenn das dem Mieter als Anlage zum Mietvertrag übergebene Informationsblatt „zum richtigen Lüftungsverhalten zur Vermeidung von Schimmelbildung“ unzureichend und ein daran ausgerichtetes Lüftungsverhalten für den Schimmelbefall ursächlich war.
Der Fall: Die Mieterin machte Ansprüche aus überzahlter Miete aufgrund einer 25 %igen Mietminderung wegen Schimmelbefalls geltend und verlangte außerdem Schadensersatz für die von ihr durchgeführte Mangelbeseitigung. Der vom Gericht beauftragte Sachverständige konnte keinen Baumangel feststellen, meinte aber, die Schimmelbildung sei durch fehlerhaftes Lüftungsverhalten in den Sommermonaten entstanden. In dem Informationsblatt, das dem Mieter vom Vermieter überreicht worden war (es handelte sich nicht um das vom Grundeigentum-Verlag herausgegebene Merkblatt), sei der Mieter nicht darauf hingewiesen worden, dass in den Sommermonaten ein Lüften tagsüber statt zu einer Entfeuchtung des Raumes zu einem Anstieg der relativen Luftfeuchtigkeit durch das Eindringen der warmen Luft führen könne.

Das Urteil: Das Landgericht Berlin schloss sich den Ausführungen des Sachverständigen an. Der Sachverständige habe überzeugend unter Verweis auf das für die Entstehung des Schimmelschadens für ursächlich erachtete – von der Klägerin bestätigte – regelmäßige Lüftungsverhalten auch in den Sommermonaten erläutert, ein Fehlverhalten der Mieterin sei nicht erkennbar, da in dem Informationsblatt unrichtigerweise nicht auf das nicht ohne Weiteres einem Laien erkennbare bedarfsgerechte, an die Jahreszeit bzw. die Außentemperaturen anzupassende Ablüften hingewiesen werde. Es könne der Mieterin nicht zum Vorwurf gemacht werden, dass sie ihr Lüftungsverhalten im Sommer nicht auf das erforderliche nächtliche Lüften beschränkt habe. Das Informationsblatt habe dazu nur einen pauschalen Hinweis enthalten, dass die Feuchtigkeit abgeführt werden müsse. Ein Fehlverhalten der Mieterin sei nicht erkennbar, und deshalb habe der Vermieter die Schadensursache zu verantworten.

Anmerkung der Redaktion: Auch ein (zutreffendes) Merkblatt, das dem Mieter ausgehändigt wird, kann seine Haftung manchmal nicht ausschließen. Nach Auffassung des LG Berlin (GE 2016, 913) ist das der Fall, wenn wegen der ungewöhnlich dichten Fenster eine Stoßlüftung von mehr als sechsmal am Tag erforderlich ist, um Schimmel zu vermeiden. Das sei jedoch für den Mieter unzumutbar.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 634 und in unserer Datenbank.


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