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Alleiniges Recht zur Versammlungsteilnahme
Werdender Wohnungseigentümer
19.03.2021 (GE 4/2021, S. 218) Dem werdenden Wohnungseigentümer steht allein das Stimmrecht und auch das Recht zur Anfechtung von Beschlüssen zu.
Der Fall: Angefochten sind Beschlüsse einer Eigentümerversammlung, zu der statt der Klägerin (Bauträgerin) die Eheleute eingeladen wurden, an welche die Klägerin eine Eigentumswohnung verkauft u. übergeben hatte und zu deren Gunsten vor der Versammlung eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden war. Das AG hat die Klage abgewiesen. Hiergegen die Berufung.

Das Urteil: Ohne Erfolg, weil die Klägerin als Bauträgerin nicht mehr einzuladen war. Allein die Eheleute als werdende Eigentümer waren stimmberechtigt und zu laden. Bereits vor der WEG-Reform hat der BGH entschieden, dass in einem solchen Fall dem werdenden Wohnungseigentümer Stimm- und Anfechtungsrecht allein zustehen, da er wie ein Eigentümer zu behandeln ist und an die Stelle der Bauträgerin tritt, die damit Stimm- und Anfechtungsrecht verliert. Dies hat der Gesetzgeber nun in § 8 Abs. 3 WEG n. F. kodifiziert. Ein Verbleib bei oder ein Rückfall zum Veräußerer kann auch nicht angenommen werden, wenn – wie hier – der Veräußerer den werdenden Eigentümer im Veräußerungsvertrag widerruflich bevollmächtigt, alle Rechte eines Eigentümers wahrzunehmen, diese Vollmacht dann aber widerruft. Denn das auf den werdenden Eigentümer übergehende Stimm- und Anfechtungsrecht ist das Gegenstück zu der den werdenden Eigentümer treffenden Kosten- und Lastentragung. Durch den Widerruf der Vollmacht wird der werdende Eigentümer aber nicht korrespondierend auch wieder von Kosten und Lasten befreit. Dem werdenden Eigentümer kann durch eine schuldrechtliche Vereinbarung nicht der Schutz der vorgezogenen Anwendung des WEG-Rechts entzogen werden, welcher ihm aufgrund einer bereits erlangten dinglichen Rechtsposition gebührt.

Anmerkung: Das LG hat offengelassen, wer die Kausalität zwischen Ladungsmangel und Beschlussfassung darlegen u. beweisen muss. Auch eine Ladung des Veräußerers zur Teilnahme ohne Stimmrecht ist abzulehnen, weil die Teilnahme von nicht Stimmberechtigten gegen den Grundsatz der Nicht-Öffentlichkeit der Versammlung verstieße.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 256 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. Dr. Lothar Briesemeister


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