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Nach außen hin deutlich wahrnehmbare Ausübung der Prostitution in Eigentumswohnung unzulässig
Belastung für die Hausgemeinschaft und Imageverlust für die Wohnanlage
19.10.2020 (GE 18/2020, S. 1159) Zwar kann jeder Wohnungseigentümer mit der in seinem Sondereigentum stehenden Wohnung nach Belieben verfahren, allerdings sind dieser grundsätzlich uneingeschränkten Nutzung auch Grenzen insoweit gesetzt, als jeder Wohnungseigentümer verpflichtet ist, von seinem Sondereigentum nur so Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das beim Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entsteht. Letzteres ist aber dann der Fall, wenn in einer Eigentumswohnung der Prostitution nachgegangen und damit auch noch offen unter Nennung der Adresse im Internet geworben wird, so das LG Koblenz.
Der Fall: Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft in Bahnhofsnähe, in der sich 45 Wohneinheiten und elf Gewerbeeinheiten befinden. Nach der Gemeinschaftsordnung dieser Wohnanlage ist die Nutzung der besagten Wohneinheiten nur zu Wohnzwecken gestattet. Ihre Nutzung zum Zwecke der Ausübung eines Gewerbes darf nur mit schriftlicher Zustimmung des Verwalters erfolgen, die der Verwalter nach der Gemeinschaftsordnung nur aus wichtigem Grund verweigern darf. Die Beklagte ist die Sondereigentümerin zweier Wohneinheiten. In einer der beiden Wohneinheiten wird unstreitig der Wohnungsprostitution nachgegangen. Diese wird auch im Internet beworben. Hierbei wird auch das konkrete „Appartement“ angegeben. Eine Zustimmung des Verwalters zur Prostitutionsausübung in der Wohnung liegt nicht vor. Das AG hat der Beklagten die Nutzung des Sondereigentums zur Ausübung der Prostitution untersagt. Die Berufung der Beklagten, die sich auf eine „diskrete“ Prostitutionsausübung beruft, die in Bahnhofsnähe zulässig sei, hat das LG für offensichtlich unbegründet erachtet und zurückgewiesen.

Der Beschluss: Die Kammer erkennt zwar an, dass nach § 13 Abs. 1 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) jeder Wohnungseigentümer mit der in seinem Sondereigentum stehenden Wohnung nach Belieben verfahren kann, allerdings ist dieser uneingeschränkten Nutzung durch § 14 Nr. 1 WEG eine Grenze gesetzt. Nach dieser Vorschrift ist jeder Wohnungseigentümer verpflichtet, von seinem Sondereigentum nur so Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem anderen Wohnungseigentümer über das beim Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil entsteht.
Einen solchen Nachteil sieht die Kammer bei einer Nutzung einer Wohneinheit für die Ausübung der Prostitution hier. Deshalb ist eine solche nicht genehmigte Nutzung in dieser Wohnanlage zu unterlassen.
Auch ist der Verwalter nach Ansicht der Kammer nicht verpflichtet, eine Zustimmung zur Nutzung zu erteilen. Ein wichtiger Grund zur Verweigerung der Zustimmung durch den Verwalter liegt hier vor, da die Ausübung der Prostitution eine unzumutbare Beeinträchtigung anderer Hausbewohner befürchten lässt. Es handelt sich um eine offen im Internet mit ausdrücklicher Nennung der Adresse beworbene Prostitutionsausübung. Diese sieht das LG auch – anders als die Beklagte – nicht als „diskret“ an. Vielmehr ist der spärliche Bekleidungsstil der Prostituierten und deren Verhalten wie auch der regelmäßige Verkehr von wechselnden Freiern in der Wohnanlage offen sichtbar. Außerdem berichteten Zeugen erstinstanzlich davon, dass schon im Haus befindliche Freier bei ihnen an der Wohnungstür klopften und nach den Prostituierten fragten. Dies ist eine Belastung für die Hausgemeinschaft, schadet dem Ansehen der Wohnanlage, mindert den Wert der Sondereigentumseinheiten und erschwert deren Vermietung – ein nicht hinzunehmender Nachteil für die anderen Eigentümer und Bewohner der Wohnanlage.

Anmerkung: Dass die Ausübung der Prostitution in einer Eigentumswohnung nicht mehr von der Zweckbestimmung gedeckt und somit nicht erlaubt ist, hatte das BayObLG schon in einer älteren Entscheidung so entschieden (Beschluss vom 18. Juli 1986 - 2Z 72/86 -). Dies gilt sowohl für die Wohnungseigentümer selbst als auch für deren Mieter (LG Hamburg, Beschluss vom 1. Dezember 1983 -10 d T 57/83 -).

LG Koblenz, Beschluss vom 17. Juni 2020 - 2 S 53/19 WEG (rechtskräftig) - 


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