Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

News  →  Kurz notiert


Mieters Pflichtverletzung aufgrund vermeidbaren Tatsachenirrtums
Dem eigenen Gutachter zu sehr vertraut
28.08.2020 (GE 15/2020, S. 962) Der Pflichtverletzung eines Mieters kann das für eine außerordentliche fristlose Kündigung des Mietverhältnisses aus wichtigem Grund erforderliche Gewicht fehlen, wenn ihm wegen eines vermeidbaren Tatsachenirrtums nur geringes Verschulden zur Last fällt. Davon ist auszugehen, wenn der Mieter vom Vermieter beabsichtigte Beseitigungsmaßnahmen trotz Vorliegens eines Mangels nicht duldet, weil er nach Einholung eines von ihm beauftragten Privatgutachtens irrtümlich von der Richtigkeit der gutachterlichen Feststellungen ausgeht, es läge tatsächlich kein Mangel vor (hier: Streit über Schwammbefall).
Der Fall: Die Parteien streiten u. a. um die von der Klägerin begehrte Räumung und Herausgabe der Wohnung nach verhaltensbedingter Kündigung, die darauf gestützt wurde, dass die Beklagten ihre Pflicht zur Duldung notwendiger Instandsetzungen verletzt hätten und aufgrund der langjährigen Auseinandersetzung um die Duldung der Sanierungsmaßnahmen das Mietverhältnis zerrüttet sei.

Der Beschluss: Die Klage wurde abgewiesen. Die Duldungsverweigerung stelle keine für eine ordentliche Kündigung hinreichend erhebliche Pflichtverletzung dar. Zugunsten der Beklagten sei das – abgesehen von der strittigen Schwammsanierung – seit mehr als 30 Jahren beanstandungsfreie Mietverhältnis und die Tatsache zu berücksichtigen, dass ihnen aufgrund der Umstände des Einzelfalles allenfalls geringes Verschulden vorgeworfen werden könne. Sie hätten nach dem 2009 durch die Klägerin angezeigten Schwammbefall 2010 einen eigenen Sachverständigen auf ihre Kosten mit der Aufklärung des Sachverhalts im Interesse an einer einvernehmlichen Lösung beauftragt. Ihre auf die – möglicherweise unzutreffende – Einschätzungen des Privatgutachters gestützte Verweigerungshaltung sei allenfalls als vermeidbarer Tatsachenirrtum einzustufen mit der Folge, dass ihnen eine lediglich fahrlässig erfolgte Duldungsverweigerung angelastet werden könne. Die Entscheidung ist rechtskräftig, nachdem der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin zurückgewiesen hat.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2020, Seite 990 und in unserer Datenbank.


Links: