Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

News  →  Kurz notiert


Härteeinwand des Mieters nach Eigenbedarfskündigung
Krankheit und Wohnraummangel
17.09.2018 (GE 16/2018, S. 971) Dass auch der Käufer einer vermieteten Eigentumswohnung wegen Eigenbedarfs kündigen kann (wenn nicht Sperrfristen nach § 577a BGB eingreifen), ist durch Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts geklärt. Nicht geklärt ist allerdings, ob trotz der berechtigten Kündigung der Mieter sich dann auf eine unzumutbare Härte berufen darf. Zusammen mit anderen für den Mieter sprechenden Gründen bejaht das die 64. Kammer des LG Berlin.
Der Fall: Der Kläger hatte zwei nebeneinanderliegende Wohnungen gekauft, die er für seine Familie nutzen wollte. Er kündigte wegen Eigenbedarfs, wogegen die Mieterin der einen Wohnung u. a. eine unzumutbare Härte geltend machte.

Das Urteil: Das Landgericht sah ebenso wie das Amtsgericht das Mietverhältnis durch die Eigenbedarfskündigung als beendet an. Es sei jedoch nach § 574a BGB auf unbestimmte Zeit zu verlängern, weil eine Räumung eine nicht zu rechtfertigende Härte für die Mieterin darstellen würde. Zu berücksichtigen seien das hohe Alter von 79 Jahren, eine Demenzerkrankung und eine lange Mietdauer von mehr als 40 Jahren mit Verwurzelung in der Umgebung.
Dazu komme die angespannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt, bei dem eine ausreichende Versorgung mit Mietwohnungen zu angemessenen Bedingungen besonders gefährdet sei. Angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage der Mieterin und des Umstands, dass der Kläger die Wohnung im vermieteten Zustand gekauft habe und somit vom Bestehen von Härtegründen ausgehen musste, komme hier dem Erlangungsinteresse des Klägers ein geringeres Gewicht zu.

Anmerkung der Redaktion: Die Kammer hat die Revision zugelassen, die auch eingelegt ist. Eine mögliche Verschlechterung des Gesundheitszustands durch den drohenden Umzug und den „gekauften Eigenbedarf“ hat auch die 63. Kammer des Landgerichts Berlin zugunsten des Mieters bei der Anwendung der Sozialklausel berücksichtigt (Urteil vom 7. Februar 2014, 63 S 254/11).
Die vom Gesetzgeber festgestellte angespannte Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt hat die 67. Kammer des LG Berlin ebenfalls zugunsten des Mieters berücksichtigt (GE 2018, 262) – ähnlich auch andeutungsweise die 64. Kammer in einem Hinweisbeschluss (GE 2018, 764); zurückhaltend dagegen die 63. Kammer (Urteil vom 9. März 2018, 63 S 67/16).

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 1001 und in unserer Datenbank.


Links: