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Geht doch: Mietvertrag mit Miteigentümern
Auf Mieterseite und auf Vermieterseite
25.06.2018 (GE 11/2018, S. 677) Ein wirksamer Mietvertrag kann auch dann zustandekommen, wenn Miteigentümer hieran sowohl auf Mieterseite als auch – neben anderen Miteigentümern – auf Vermieterseite beteiligt sind. Der Erwerber eines Miteigentumsanteils tritt in ein zwischen der Miteigentümergemeinschaft und einem oder einzelnen ihrer Mitglieder bestehendes Wohnraummietverhältnis gemäß § 566 Abs. 1 BGB ein.
Der Fall: Die Parteien streiten darüber, ob ein Mietverhältnis über die von den Klägern bewohnte Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besteht, das einer Miteigentümergemeinschaft gehört, der auch die Klägerin zu 1. angehört. 2009 hatten alle damaligen Miteigentümer mit der Klägerin zu 1. und ihrem Ehemann (Kläger zu 2.) einen Wohnungsmietvertrag auf unbestimmte Zeit geschlossen. Nach dem Tod eines Miteigentümers erwarb die beklagte GbR einen Miteigentumsanteil. Sie hält den Mietvertrag aus 2009 ihr gegenüber für unwirksam, weil die Wohnnutzung der Kläger gemäß § 1010 Abs. 1 BGB im Grundbuch dafür hätte eingetragen werden müssen. Die Beklagte forderte die Kläger zum Auszug auf und kündigte schließlich das Mietverhältnis. Vorliegend klagten sie auf Feststellung des Fortbestands des Mietverhältnisses. Das AG hat die Klage abgewiesen, die Berufung der Kläger hatte keinen Erfolg (GE 2017, 1162), wohl aber ihre Revision.

Das Urteil: Das LG habe die Feststellungsklage der Kläger zu Unrecht verneint, indem es den Vertrag nicht als Mietvertrag, sondern als bloße gemeinschaftsrechtliche Verwaltungs-und Benutzerregelung nach § 745 BGB angesehen habe, welche die Beklagte mangels Grundbucheintragung nicht binde. Ein Mietverhältnis über Wohnraum könne auch zwischen den Mitgliedern einer Miteigentümergemeinschaft und einem ihrer Mitglieder begründet werden. Dem stehe nicht entgegen, dass in einem solchen Fall das Mitglied der Miteigentümergemeinschaft am Mietvertrag sowohl als Mieter als auch – neben anderen Miteigentümern – als Vermieter beteiligt sei. In die sich aus dem Mietvertrag ergebenden Rechte und Pflichten sei die Beklagte nach § 566 Abs. 1 BGB mit dem Erwerb ihres Miteigentumsanteils eingetreten. Rechtsfehlerfrei sei das Berufungsgericht allerdings dem Amtsgericht darin gefolgt, dass die Kläger für die Zulässigkeit ihrer auf den Fortbestand des Mietverhältnisses gerichteten Feststellungsklage diese jedenfalls unter den hier gegebenen Umständen nicht gegen sämtliche Mitglieder der Miteigentümergemeinschaft richten mussten, sondern die Klage allein gegen die Beklagte richten durften.
Jedoch habe das Berufungsgericht die personellen Anforderungen an das wirksame Entstehen eines vertraglichen Schuldverhältnisses grundlegend verkannt und das BGH-Urteil zu VIII ZR 323/14 falsch verstanden. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH und nach einhelliger Auffassung der Literatur könnten die Mitglieder einer Miteigentümergemeinschaft Wohnräume, die sich auf dem gemeinschaftlichen Grundstück befinden, an ein Mitglied oder an einzelne Mitglieder vermieten, ohne dass der Wirksamkeit eines solchen Mietvertrags entgegen stünde, dass einer der Miteigentümer oder einzelne Miteigentümer sowohl auf Vermieter- als auch auf Mieterseite beteiligt seien.
Werde der vermietete Wohnraum nach der Überlassung an den Mieter von dem Vermieter an einen Dritten veräußert, so trete gemäß § 566 Abs. 1 BGB der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein. Das gelte auch für den Fall des Erwerbs eines Miteigentumsanteils durch eine Person, die – wie die Beklagte – nicht bereits Miteigentümer sei. Dieser Rechtswirkung des Mietvertrages gegenüber der Beklagten stehe die Bestimmung des § 1010 Abs. 1 BGB nicht entgegen.
Nach dem in § 566 Abs. 1 BGB zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers sei der Eintritt des Erwerbers von vermietetem Wohnraum in den Mietvertrag nicht an ein Publizitätserfordernis geknüpft. Es obliege vielmehr dem Erwerber, sich vor dem Erwerb der Mietsache über das Bestehen eines Mietvertrags zu informieren. Ein sachlicher Grund dafür, warum derjenige, der (nur) einen Miteigentumsanteil an dem vermieteten Wohnraum erwerbe, rechtlich stärker geschützt werden solle als derjenige, der den vermieteten Wohnraum insgesamt erwerbe, sei nicht zu erkennen.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 701 und in unserer Datenbank.


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