Grundeigentum-Verlag GmbH
grundeigentum-verlag
Verlag für private und unternehmerische Immobilien
Anzeige

News  →  Kurz notiert


Gebot der Vorbefassung in Eigentümerversammlung: Nicht für Start eines selbständigen Beweisverfahrens
WEG: Streit um Trittschallschutz-Mängel in nachträglich ausgebautem Dachgeschoss
14.05.2018 (GE 08/2018, S. 490) Die Durchführung eines gegen die übrigen Wohnungseigentümer gerichteten selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemeinschaftseigentum setzt nicht voraus, dass der antragstellende Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Eigentümerversammlung über die Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den behaupteten Mängeln bemüht hat.
Der Fall: Die Parteien gehören einer Wohnungseigentümergemeinschaft an. Über der Wohnung der Antragsteller befindet sich das Dachgeschoss. Dieses wurde in Umsetzung der Teilungserklärung nachträglich ausgebaut. Von dem Bauträger beauftragte Messungen kamen hinsichtlich der Frage, ob bei dem Ausbau die Anforderungen an die Trittschalldämmung eingehalten wurden, zu unterschiedlichen Ergebnissen. Auf einer Eigentümerversammlung wurde der von den Antragstellern eingebrachte Antrag, den Bauträger wegen etwaiger Mängel des Dachgeschossausbaues in Anspruch zu nehmen, abgelehnt. Der weitere Antrag, zur Vorbereitung dieser Ansprüche ein Gutachten zu Schallschutzmängeln einzuholen, wurde laut Versammlungsprotokoll nicht zur Abstimmung gebracht. Nunmehr begehren die Antragsteller im Wege eines selbständigen Beweisverfahrens die sachverständige Feststellung von Trittschallschutzmängeln gegenüber den übrigen Wohnungseigentümern, um diese sodann auf Beseitigung von Mängeln in Anspruch zu nehmen. Das AG hat den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens als unzulässig verworfen. Die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsteller hat das Landgericht zurückgewiesen, aber die Rechtsbeschwerde zugelassen.

Die Entscheidung: Der BGH hebt die ablehnenden Beschlüsse der Vorinstanzen auf und verweist die Sache zur erneuten Entscheidung über den Antrag auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens an das AG zurück. Das sonst geltende Vorbefassungsgebot vor Anrufung des Gerichts gilt für den Antrag eines Wohnungseigentümers auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens über Mängel am Gemeinschaftseigentum nicht. Der Anspruch eines Wohnungseigentümers gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf Beseitigung von Mängeln des Gemeinschaftseigentums als Maßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung setzt nicht voraus, dass der Wohnungseigentümer sich zuvor um eine Beschlussfassung der Versammlung über die Maßnahmen bemüht hat. Ein Antrag auf gerichtliche Beweiserhebung in dem Beweissicherungsverfahren erschöpft sich weder in der Vorbereitung einer Instandhaltungs- oder Instandsetzungsmaßnahme noch nimmt das Beweisverfahren die Entscheidung der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer über das Ob und das Wie der Durchführung der Maßnahme vorweg. Denn es geht nur um die Aufklärung von Tatsachen. Ein Privatgutachten dürfte in einem Prozess nicht als Beweismittel im Sinne der §§ 355 ff. ZPO, sondern nur als urkundlich belegter Parteivortrag gewürdigt werden. Die Anwendung des Vorbefassungsgebotes ist auch nicht zur Wahrung der Zuständigkeit der Versammlung der Wohnungseigentümer für die Beschlussfassung über Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlich.

Anmerkung: Ergänzend setzt sich der BGH auch damit auseinander, dass es auf eine mögliche Belastung mit den durch das selbständige Beweisverfahren verursachten Kosten nicht ankommen kann. Für das selbständige Beweisverfahren ist allein der Antragsteller Kostenschuldner, wenn die Antragsgegner keine eigenen Anträge stellen. Die Kosten des entstehenden Beweisverfahrens sind regelmäßig Kosten des anschließenden Rechtsstreits. Einen solchen Rechtsstreit können die übrigen Wohnungseigentümer vermeiden, indem sie eine nach der Beweisaufnahme erforderliche Maßnahme rechtzeitig umsetzen. Kommt es nicht zu einem Hauptsacheverfahren, können sie etwaige ihnen in dem selbständigen Beweisverfahren entstandene außergerichtliche Kosten, z. B. für die Vertretung durch einen Rechtsanwalt, nach Ablauf der Frist für die gerichtlich angeordnete Klageerhebung von dem Antragsteller erstattet verlangen. Regelmäßig wird ein materieller Anspruch auf Erstattung der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens grundsätzlich nicht entstehen. Jedenfalls darf der Antrag auf Durchführung des selbständigen Beweisverfahrens nach Zurückverweisung an das AG nicht aufgrund mangelnder Vorbelastung der Wohnungseigentümer erneut verworfen werden. Eine Kostenentscheidung ist in dem vorliegenden Verfahren nicht veranlasst.

Den Wortlaut finden Sie in GE 2018, Seite 527 und in unserer Datenbank.
Autor: VRiKG a. D. RA Dr. Lothar Briesemeister AKD Dittert, Südhoff & Partner


Links: