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Vermieter muss Zugang zum Hausverteiler gewähren
Übergabepunkt für Telefonanschluss lag im Keller des Hauses
09.03.2018 (GE 03/2018, S. 160) Ein Vermieter muss nach der Verkehrsanschauung eine Wohnung oder Geschäftsräume mit Anschlüssen für Strom und Wasser vermieten. Für Telekommunikation gilt das nicht; hier ist aber der Vermieter verpflichtet, dem Mieter die Installation von Leitungen oder den Anschluss zu ermöglichen. Dazu gehört auch die Zugangsgewährung für einen Übergabepunkt im Keller des Hauses.
Der Fall: Der Mieter beauftragte die Telefonica mit der Freischaltung eines Telefon- und DSL-Anschlusses; der Hausverteiler für das Telefon befand sich im (dem Mieter) verschlossenen Keller des Hauses. Zum Termin zur Freischaltung verspätete sich der Techniker um kurze Zeit; der Vermieter hatte sich da schon entfernt. Auch in der Folgezeit konnte zu verschiedenen Terminen der Techniker den Anschluss nicht freischalten. Der Vermieter meinte, der Mieter habe ohnehin einen DSL-Anschluss in der Wohnung, und es sei auch ein Etagenverteiler im 1. OG frei zugänglich, so dass der Mieter keinen Anspruch auf Zutritt zum Hausverteiler habe.

Das Urteil: Das Amtsgericht Wedding gab der Klage des Mieters auf Zugangsgewährung statt, nachdem es einen Sachverständigen angehört hatte. Dieser hatte ausgeführt, dass der Telekommunikationsanbieter prüfen müsse, ob die Kabelverbindung zwischen dem Hausverteiler im Keller und dem außerhalb des Grundstücks gelegenen Verteiler funktionstüchtig ist, weswegen der Zugang notwendig sei. Deshalb könne auch die Freischaltung (nur) über den Etagenverteiler nicht erfolgen. Der Mieter sei berechtigt, einen Internetzugang von einem Anbieter seiner Wahl herstellen zu lassen und müsse sich deshalb auch nicht auf die vorhandene (funktionsfähige) Telefon- und Kabeldose und den vom Vermieter eingerichteten DSL-Anschluss verweisen lassen.
Wegen der bisher fehlenden Möglichkeit zur Herstellung eines DSL-Anschlusses sei eine Mietminderung in Höhe von 5 % gerechtfertigt.

Anmerkung: Eine Mietminderung (ohne über die Höhe zu entscheiden) hat auch das LG Berlin angenommen (GE 2012, 1379); nach Auffassung des LG Essen (NJW-Spezial 2016, 707) ist sogar eine Minderung von 10 % angemessen (AG Neukölln, MM 2012, Nr. 3, 30: Minderung von 5 %; so auch LG Berlin, GE 1998, 1275). Bei Fehlen einer konkreten Beschaffenheitsabrede hat der Mieter nach der Verkehrsanschauung einen Anspruch darauf, dass ihm Anschlüsse für Telekommunikation zur Verfügung stehen (LG Berlin, GE 2014, 1654). Die Aktivierung des Anschlusses einschließlich der eventuellen Reparatur des Telefonkabels ist jedoch nicht Sache des Vermieters, der notwendige Arbeiten lediglich zu dulden hat (LG Göttingen, Urteil vom 11. Dezember 2013 - 5 S 53/12 -, Juris; LG Essen NJW-Spezial 2016, 707).
Fraglich ist allerdings, ob bei einem bestehenden Internetanschluss der Mieter berechtigt ist, einen anderen Internetzugang zu wählen (so wie es offenbar im Fall des AG Wedding war). Immerhin handelt es sich dabei um ein Ausstattungsmerkmal der Wohnung, das von Anfang an vorhanden war oder später als Modernisierung hinzugefügt wurde (BeckOK Mietrecht Rn. 20 zu § 559 BGB: Modernisierungsmaßnahmen sind „Legen eines Kabelfernsehanschlusses, eines Glasfaseranschlusses, einer Internetverbindung“). Grundsätzlich ist der Zustand bei Vertragsbeginn der vertragsgerechte Zustand, den der Mieter nicht einseitig verändern darf, weswegen ein deutscher Mieter auch keinen Anspruch hat, zusätzlich zum Kabelanschluss eine Parabolantenne zu installieren (BVerfG, NJW 1994, 1147). Demgegenüber stellt die Freischaltung durch einen anderen Telekommunikationsanbieter keinen baulichen Eingriff dar, sondern eine immaterielle Veränderung. So abwegig war der Einwand des Vermieters beim AG Wedding jedenfalls nicht, für eine solche Veränderung habe der Mieter kein Rechtsschutzbedürfnis.

Den Wortlaut des Urteils finden Sie in GE 2018, Seite 199 und in unserer Datenbank.
Autor: Rudolf Beuermann


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